Die Bundesrepublik Deutschland ist gemäß Grundgesetz nicht nur ein föderaler Sozial-, sondern auch ein Rechtsstaat. Die beiden Staatsprinzipien ergänzen sich und formen die Gesellschaft zu einer modernen Demokratie. In einer solchen haben alle Bürger die gleichen Rechte und Pflichten – unabhängig von Geschlecht, Religionszugehörigkeit, Ethnie oder Geldmitteln. Ist beispielsweise die Wahrung und Durchsetzung von Rechtsinteressen von finanziellen Mitteln abhängig, ist ein fundamentaler Rechtsstaatsgrundsatz verletzt. Denn die Gleichheit vor dem Gesetz ist das zentrale Prinzip einer rechtsstaatlichen Demokratie.
Um das Gleichheitsprinzip nicht zu gefährden, bietet der Sozialstaat diverse Hilfen an, sodass jeder Bürger –selbst wenn er nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt – seine Rechte vor Gericht einklagen kann. Hierzu gehören die staatliche Beratungs- (Beratungshilfeschein) und die Prozesskostenhilfe. Eine weitere Möglichkeit, seinen Interessen kostensparend und professionell vor Gericht Geltung zu verschaffen, stellt die private Rechtsschutzversicherung dar. Auch wenn sich die Instrumente unterscheiden, haben sie eines jedoch wesentlich gemeinsam: Sie entlasten den Kläger finanziell und gewährleisten einen professionellen Rechtsbeistand im Zuge der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Sozialstaatlicher Rechtsschutz: Beratungs- und Prozesskostenhilfe
Auch wenn der Rechtsweg prinzipiell jedem offen steht, scheuen viele Menschen ihn, weil ein Gerichtsverfahren sehr teuer werden kann. Anwälte, Richter, Zeugen, Sachverständige, Gutachter – all das kostet Geld. Vor allem dann, wenn sich ein Prozess über mehrere Instanzen hinzieht. Doch nicht nur die Prozesskosten, sondern auch der vermeintlich übermächtige Prozessgegner schreckt viele davon ab, vor Gericht zu ziehen.
Staatliche Behörden, große Unternehmen oder wohlhabende Privatpersonen verfügen in der Regel über mehr finanzielle Ressourcen als Otto-Normalverbraucher. Dennoch muss man sich seinem Schicksal nicht ohnmächtig ergeben, sei es als Arbeitssuchender, Sozialhilfeempfänger, Gering- oder Durchschnittsverdiener – die private Rechtsschutzversicherung oder die Beratungs- und Prozesskostenhilfe ermöglichen jedem Bürger eine Gegenwehr bei Ungerechtigkeiten.
Sozialstaatliche Rechtsschutzmittel: Beratungs- und Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen
Sowohl der Privatrechtsschutz als auch die Prozesskostenhilfe erlauben es, einen Rechtsstreit auf Augenhöhe zu führen. Denn Anwaltskosten richten sich nach festen Gebührensätzen. Somit können sich Personen, die ihre Rechtschutzversicherung oder die Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen, auch von einem renommierten „Staranwalt“ vertreten lassen – vorausgesetzt dieser übernimmt den Fall. Doch wer hat eigentlich Anspruch auf Beratungs- und Prozesskostenhilfe und für wen lohnt sich eine private Rechtsschutzversicherung? Worin unterscheiden sich diese staatlichen Sozialleistungen von einer privatrechtlichen Versicherung? Ergänzen sich beide oder stellen sie einen Gegensatz dar?
Personen, die Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben, können in der Regel auch Beratungshilfe in Anspruch nehmen. Hierzu gehören normalerweise Empfänger von Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II und Asylanten. Der Unterschied zwischen der Prozesskosten- und Beratungshilfe liegt vor allem darin, dass Letztere nur die Kosten für eine Rechtsberatung bei einem Anwalt, inklusive der Aufwendungen für die außergerichtliche Kommunikation mit der gegnerischen Partei, übernimmt.
Anwendungsgebiete und Rückzahlung
Wenn keine außergerichtliche Einigung erfolgt, steht der Rechtsweg offen. Eine bedürftige Person, die bereits Beratungshilfe bewilligt bekommen hat, kann in der Regel anschließend die Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen. Diese finanzielle Unterstützung kann für Zivil-, Verwaltungs-, Arbeits- und Sozialgerichtsprozesse beantragt werden. Betrifft ein Verfahren das Familienverfahrensgesetz (FamFG) wird oft der Begriff Verfahrenskostenhilfe verwendet.
Im Falle eines Strafverfahrens wird die Beratungs- und Prozesskostenhilfe nur Neben- oder Adhäsionsklägern (z.B. für einen mit dem Fall zusammenhängenden zivilrechtlichen Schadenersatzprozess) gewährt. Personen, die hingegen beschuldigt werden, eine Straftat begangen zu haben und sich keinen Anwalt leisten können, bekommen vom Staat einen Pflichtverteidiger gestellt.
Gemäß § 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) erhalten natürliche Personen, deren Monatseinkommen nach Abzug aller Freibeträge unter 15 Euro liegt, Prozesskostenhilfe, ohne diese zurückzahlen zu müssen. Einzige Voraussetzung: Es muss die Chance auf einen erfolgreichen Ausgang des Verfahrens bestehen. Wer mehr verdient, muss Rückzahlungen leisten. Die Höhe der Rückzahlungen werden anhand des Einkommens und diverser Freibeträge errechnet und betragen maximal 48 Monatsraten.
Wer keine Prozesskostenhilfe bewilligt bekommt, kann gemäß § 567 ZPO Beschwerde einlegen. Ist diese erfolglos, weil keine Bedürftigkeit/Anspruchsberechtigung vorliegt, muss man die Prozesskosten selbst tragen. Für solche Fälle bietet sich jedoch eine private Rechtsschutzversicherung an. Bei dieser Form des Rechtsschutzes gilt es jedoch zu beachten, dass es eine Wartezeit gibt. Ein passender Privatrechtsschutz bietet im Grunde wie die Prozesskostenhilfe finanzielle und juristische Unterstützung. Sie muss jedoch in weiser Voraussicht abgeschlossen werden und nicht erst, wenn akut eine Klage ansteht.
Privater Rechtsschutz / Rechtsschutzversicherung
Wer aufgrund seiner finanziellen Situation Anspruch auf sozialstaatliche Rechtsschutzmittel hat, benötigt keine Rechtsschutzversicherung. Für Personen, die nicht bedürftig sind beziehungsweise im Nachhinein hohe Rückzahlungen leisten müssten, ist der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung hingegen durchaus sinnvoll und lohnenswert. Denn eine private Rechtsschutzversicherung ist im Vergleich zu potenziellen Verfahrenskosten preiswert.
Rechtsschutzversicherungen werden für verschiedene Rechtsgebiete angeboten, wie zum Beispiel Privatrecht, Verkehrsrecht, Mietrecht oder Arbeitsrecht. Das Bausteinprinzip ermöglicht es dem Versicherungsnehmer seinen Privatrechtsschutz individuell zusammenzustellen, um nur für Leistungen zu bezahlen, die potentiell in Anspruch genommen werden. Bei der Suche nach einer Rechtsschutzversicherung mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis empfiehlt es sich, Vergleichsportale wie etwa CHECK24 zu durchforsten.
Versicherungssumme und Wartezeit
Zwei Dinge sind jedoch besonders wichtig und sollte beim Abschluss einer Rechtsschutzversicherung beachtet werden. Verfahrenskosten werden nur bis zur vertraglich festgelegten Versicherungssumme übernommen. Zudem besteht in den meisten Fällen erst nach dem Ablauf einer Wartezeit, in den meisten Fällen 3 Monate, Anspruch auf Leistungen. Selbstverständlich muss auch der Beitrag ordnungsgemäß entrichtet worden sein.
Rechtsschutzversicherungen übernehmen im Versicherungsfall sämtliche Prozesskosten. Die private Rechtsschutzversicherung und Prozesskostenhilfe sind daher nicht als Gegensätze zu sehen, sondern als zwei verschiedene Mittel, um sich einen professionellen Rechtsbeistand leisten zu können. Im Prinzip unterscheiden sie sich einzig in den Zielgruppen.