Am 15. Mai 2009 stimmte der Bundesrat dem vom Bundestag am 23. April 2009 beschlossenen „Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes“ der Einführung eines Pfändungsschutzkontos, kurz P-Konto, zu. Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen finden sich im Wesentlichen in der Neufassung des § 850k Zivilprozessordnung (ZPO).
Was ist ein P-Konto?
Anders als der Name es möglicherweise vermuten lässt, handelt es sich beim Pfändungsschutzkonto (P-Konto) gerade nicht um ein eigenständiges Bankkonto. Vielmehr ermöglicht die Reform dem Verbraucher zukünftig mit Banken und Sparkassen zu vereinbaren, dass ein bereits bestehendes Girokonto als Pfändungsschutzkonto geführt werden soll. Die bestehende Bankverbindung bleibt von dieser Änderung unberührt, das Girokonto wird lediglich mit dem Vermerk „P-Konto“ weitergeführt.
Höhe des Pfändungsschutzes
Die Führung eines Girokontos als Pfändungsschutzkonto führt zum Bestehen eines automatischen (Basis-)Pfändungsschutzes in Höhe des Pfändungsfreibetrages gemäß § 850c ZPO. Dies entspricht ab Juli 2013 1.045,04 Euro (bis 30.06.2013: 1.028,89 Euro) pro Monat.
Die Art der Einkünfte ist (anders als nach der bisherigen Rechtslage) unbeachtlich. Geschützt sind nun neben Arbeitseinkommen, Renten Sozialleistungen auch Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit und freiwillige Zuwendungen Dritter (Geldgeschenke).
Der beschriebene Basispfändungsschutz des P-Kontos kann jedoch gegebenenfalls erhöht werden. Dies kann beispielsweise in folgenden Fällen möglich sein, sofern unter Vorlage entsprechender Belege ein erhöhter Pfändungsschutz mit dem kontoführenden Kreditinstitut vereinbart wird.
- Bezug von Kindergeld oder anderen Geldleistungen für Kinder (sofern nicht Unterhaltsforderungen des Kindes, für das Leistungen empfangen oder die bei der Berechnung des Pfändungsschutzes berücksichtigt werden, gepfändet werden sollen).
- Bestehen gesetzlicher Unterhaltspflichten.
- Entgegennahme von Geldleistungen nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) oder SGB XII (Sozialhilfe) für Personen, die in der Bedarfsgemeinschaft des Kontoinhabers leben und denen der Kontoinhaber nicht gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist.
- Einmalige Geldleistungen (§ 54 II SGB I) oder Geldleistungen zum Ausgleich des durch einen Körper- oder Gesundheitsschaden bedingten Mehraufwandes (§ 54 III Nr. 3 SGB I).
Daneben ist in besonderen Fällen die Änderung der Höhe des Pfändungsschutzes durch eine gerichtliche Entscheidung möglich.
Sofern der vor Pfändung geschützte Betrag in einem Monat nicht in Anspruch genommen wird, ist die Differenz auf den Folgemonat zu übertragen. Der Pfändungsschutz bezieht sich auf Guthaben (nicht den Verfügungsrahmen inklusive eines ggf. bestehenden Dispositionskredits), das auf dem jeweiligen Girokonto hinterlegt ist.
Wie wird ein Girokonto zum Pfändungsschutzkonto?
Die Führung eines Girokontos als Pfändungsschutzkonto erfolgt, wie bereits beschrieben, durch eine Vereinbarung zwischen Kontoinhaber und der kontoführenden Bank. Der Bankkunde hat zudem einen Rechtsanspruch auf die Führung des Girokontos als Pfändungsschutzkonto (§ 850k VII ZPO).
Der Kontoinhaber sollte dem Kreditinstitut daher unter Angabe der Bankverbindung schriftlich mitteilen, dass er die Führung des genannten Girokontos als Pfändungsschutzkonto wünscht. Im Laufe der Zeit ist davon auszugehen, dass die Banken und Sparkassen entsprechende Vordrucke bereithalten werden. Zudem sollte der Kontoinhaber eine Bestätigung über die Führung des Girokontos als Pfändungsschutzkonto beim kontoführenden Kreditinstitut einholen.
Die Führung eines Girokontos als P-Konto kann (und sollte) auch ohne Vorliegen einer Kontopfändung oder ähnlichen konkreten Anlass vereinbart werden. Die Umstellung auf ein P-Konto hat innerhalb von vier Bankgeschäftstagen zu erfolgen und wirkt rückwirkend zum Ersten des jeweiligen Kalendermonats.
Weiterhin kein Anspruch auf ein Girokonto
Ein gesetzlicher Anspruch auf die Eröffnung eines Girokontos besteht wie bisher jedoch nicht. Sofern ein Kreditinstitut die Eröffnung eines Girokontos (beispielsweise aus Gründen der persönlichen Bonität) verweigert, ist möglicherweise die Eröffnung eines Girokontos auf Guthabenbasis nach der Richtlinie des Zentralen Kreditausschusses (ZKA) „Girokonto für Jedermann“ bei einer geeigneten Bank in Betracht zu ziehen. Seit Oktober 2012 bieten die Sparkassen zudem das ebenfalls auf einer Selbstverpflichtung beruhende Modell des „Bürgerkontos“ an.
Pfändungsschutzkonto und SCHUFA
Die Führung eines Girokontos als Pfändungsschutzkonto wird von dem jeweiligen Kreditinstitut an die SCHUFA (SCHUFA Holding AG) übermittelt. Der SCHUFA übernimmt dem Vermerk zu ihren in der Regel bereits bestehenden Informationen zum jeweiligen Konto und prüft. Hierbei prüft das Kreditinstitut, ob die Person bereits ein Girokonto als Pfändungsschutzkonto führt (jede natürliche Person darf nur ein Girokonto als P-Konto führen).
Die Führung eines Girokontos als P-Konto darf keinen Einfluss auf die von der SCHUFA bereitgestellten Daten zur Kreditwürdigkeit (Bonität) oder den sogenannten Score-Wert des Verbrauchers haben.
Ab wann gilt der Schutz des P-Kontos?
In Kraft tritt das o.g. Gesetz am 1. Tag des zwölften auf die Verkündung des „Gesetzes zur Reform des Kontopfändungsschutzes“ im Bundesgesetzblatt folgenden Kalendermonats. Die Verkündung im Bundesgesetzblatt erfolgte am 10. Juli 2009 (BGBl. I S. 1707 – Jahrgang 2009, Teil I, Nr. 39), sodass das Gesetz zum 1. Juli 2010 in Kraft tritt. Entsprechend gilt ab diesem Datum auch der Schutz des P-Kontos.
Entsprechende Vereinbarungen mit Banken und Sparkassen werden jedoch schon früher möglich sein. Der genannte Termin betrifft die Schutzwirkung des P-Kontos.
Die meisten Regelungen des bisherigen Pfändungsschutzes treten zum 1. Januar 2012 außer Kraft. Ab diesem Termin wird der Pfändungsschutz ausschließlich durch das P-Konto gewährleistet. Bis dahin ist ein Schutz der jeweiligen Freibeträge vor einer Pfändung sowohl durch das P-Konto als auch auf dem bisherigen Weg möglich. Über den Wegfall des bisherigen Pfändungsschutzes haben Banken ihre Kunden bis zum 30.11.2011 in Textform zu unterrichten.
Darf man mehrere P-Konten führen?
Jede natürliche Person darf nur ein einziges Girokonto als Pfändungsschutzkonto führen. Nicht zuletzt aus diesem Grund erfolgt bei Führung eines Girokontos als Pfändungsschutzkonto auch eine Übermittlung des Merkmals „P-Konto“ an die SCHUFA.
Will ein Verbraucher ein Girokonto als P-Konto führen, erfolgt ein Abgleich, ob für die betreffende Person bereits ein Pfändungsschutzkonto besteht. Nur wenn dies nicht der Fall ist, kann die Bank dem Willen des Verbrauchers entsprechen.
Führt eine Person rechtswidrig mehrere Girokonten als Pfändungsschutzkonto, so kann der Gläubiger gerichtlich beantragen, dass nur ein bestimmtes Konto Pfändungsschutz genießen soll (§ 850k IX ZPO).
Was ändert sich durch die Einführung des Pfändungsschutzkontos?
Im Vergleich zur bisherigen Rechtslage bringt die Einführung des neuen Pfändungsschutzkontos im Ergebnis viele (positive) Änderungen mit sich. Die wesentlichen Punkte werden im Folgenden als Auszählung dargestellt.
- Das P-Konto bietet Pfändungsschutz unabhängig von der Art des Einkommens. Hiervon profitieren insbesondere Personen mit Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit.
- Die, oftmals zeitkritische, Einholung einer gerichtlichen Entscheidung zum Umfang des persönlichen Pfändungsschutzes entfällt (eine Änderung des Basispfändungsschutzes durch gerichtliche Entscheidung bleibt weiterhin möglich).
- Effektiverer Pfändungsschutz für Sozialleistungen und Kindergeld (Beträge müssen nicht mehr innerhalb von sieben Tagen abgehoben werden).
- Keine Kontoblockierungen wegen laufender Kontopfändung.
- Reduzierung des Aufwandes für Banken bei Kontopfändungen. Damit einhergehend sinkt das Risiko, dass die Bank aufgrund des immensen Aufwandes das Girokonto kündigt.
erhöhte Kontoführungsgebühren beim P-Konto
Die Praxis einiger (aber nicht aller) Banken mit der Einführung des P-Kontos zeigt, dass mit der Umwandlung eines Girokontos in ein P-Konto teilweise stark abweichende Kontogebühren verbunden sind (siehe dazu: Konditionen der Banken beim P-Konto im Test).
Die Gerichte scheinen inzwischen jedoch überwiegend dazu zu neigen, die Erhebung von Gebühren für die Führung eines Girokontos als P-Konto als nicht zulässig anzusehen, wenn diese höher sind als die eines „normalen“ Girokontos. Entscheidungen, die in diese Richtung gehen sind beispielsweise:
- OLG Schleswig 27.06.2012, Az.: 19 U 238/11
- OLG Frankfurt am Main vom 28.03.2012, Az.: 19 U 238/11
- KG Berlin vom 29.09.2011, Az.23 W 35/11
- OLG Naumburg vom 27.05.2011, Az.: 10 U 5/11
- LG Köln vom 04.08.2011, Az.: 31 O 88/11
- LG Nürnberg-Fürth vom 12.07.2011, Az.: 7 O 1516/11 (Revision zum BGH anhängig unter Az:: XI ZR 500/11, Verhandlungstermin 13.11.2012)
- LG Bamberg, 22.02.2011, Az.: 1 O 445/10
- LG Erfurt vom 14.01.2011, Az.: 9 O 1772/10
- LG Halle vom 20.12.2010, Az.: 5 O 1759/10
- LG Leipzig vom 02.12.2010, Az.: 8 O 3529/10
Vorsicht bei Vermittlung eines P-Kontos gegen Gebühr
Durch die Einführung des P-Kontos im Jahr 2010 herrscht zurzeit bei Verbrauchern, die bisher Schwierigkeiten haben ein Girokonto zu bekommen, Verunsicherung. Insbesondere im Internet, aber auch in Kleinanzeigen oder bei ähnlichen Gelegenheiten werben „Dienstleister“ damit, dem betroffenen Verbraucher ein Girokonto bzw. Pfändungsschutzkonto gegen eine mehr oder weniger geringe Vermittlungsgebühr in Höhe von meist 20 bis 100 Euro verschaffen zu können.
Da das Pfändungsschutzkonto – wie beschrieben – gerade kein eigenständiges Girokonto ist, besteht zu der Annahme, eine solche Vermittlung sei durch die Einführung des Pfändungsschutzkontos besonders erfolgsversprechend, kein Anlass. Darüber hinaus ist die Bestimmung eines Girokontos als P-Konto kostenfrei.
In diesem Zusammenhang kann nur dringend geraten werden von kostenpflichtigen Vermittlungsangeboten Abstand zu nehmen. Stattdessen sollte der Verbraucher gezielt bei der jeweiligen Bank nach einem Guthabenkonto auf Basis der Richtlinie „Girokonto für Jedermann“ fragen. In der Praxis zeigt sich, dass insbesondere Sparkassen den im Rahmen dieser Richtlinie getroffenen Vereinbarungen am ehesten folgen und diese seit Oktober 2012 auch mit einer erweiterten Selbstverpflichtung zum „Bürgerkonto“ umsetzen.
Kritik am Modell des P-Kontos
Die Kritik am Modell des Pfändungsschutzkontos erstreckt sich im Wesentlichen darauf, dass nach Ansicht vieler Verbraucherschützer versäumt wurde, dem Verbraucher einen Rechtsanspruch auf die Eröffnung eines Girokontos auf Guthabenbasis an die Hand zu geben.
Die Kritik richtet sich daher im engeren Sinne nicht gegen das Modell des P-Kontos als Solches, sondern vielmehr gegen die seit Jahren unzureichende Umsetzung der Richtlinie „Girokonto für Jedermann“ in der Praxis.