Auch im Jahr 2009 wurde über die Höhe des ALG II Regelsatzes kontrovers diskutiert. Die üblichen Verdächtigen versuchten im Bundestagswahlkampf, bei den Lesern der größten deutschen Boulevardzeitung zu punkten.
So forderte der damalige Berliner FDP-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Martin Lindner, eine Kürzung des Hartz IV Regelsatzes um bis zu 30 Prozent. „Wir haben gerade in Berlin extrem viele Menschen, die sind gesund, die sind arbeitsfähig, und die haben schlichtweg keine Lust, zu arbeiten”, sagte der Liberale und jetzige Bundestagsabgeordnete damals.
Erst vor kurzem meinte der Wirtschaftsweise Wolfgang Franz, eine Regelsatz-Kürzung auf 250 Euro vorschlagen zu müssen. Der Ökonom verpackte seine Worte weitaus freundlicher, inhaltlich waren allerdings keine grundlegenden Unterschiede zum Liberalen Martin Lindner auszumachen.
Das Rezept zum Ausgleich der Regelsatz-Kürzung war nämlich bei beiden dasselbe. Laut Lindner sollten die Leistungsbezieher bezahlte, gemeinnützige Arbeit leisten und bei Herrn Franz hieß es, die Zuverdienstmöglichkeiten müssten erweitert werden. Das Ergebnis wäre in beiden Fällen, den Ausbau prekärer
Beschäftigungsverhältnisse zu befördern.
Zum Ende des Jahres 2009 äußert sich nunmehr der Vorsitzende Richter am Bundessozialgericht (BSG), Peter Udsching, zu dieser Thematik. Laut Vorabbericht erteilte Udsching den Forderungen nach einer generellen Kürzung des ALG II Regelsatzes im Interview mit der Verbraucherzeitschrift „Guter Rat“ eine klare Absage. Vielmehr kritisierte der Sozialrichter, dass Arbeitgeber Gehälter bewusst niedrig ansetzen würden, um damit von den ergänzenden Hartz-IV-Leistungen zu profitieren. Dies seien Auswüchse, denen man nach Worten Udschings mit einem allgemeinen Mindestlohn begegnen könne.
Udsching geht jedoch nicht davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht die Höhe der Regelleistung für Erwachsene als verfassungswidrig ansehen wird. Vielmehr vertritt er die Auffassung, dass der Gesetzgeber hier – anders als beim Kinderregelsatz – jedenfalls vorgerechnet habe, dass der Regelsatz hoch genug sei, um das Existenzminimum zu sichern.