Die 55. Kammer des Sozialgerichts Berlin hält die Berechnungsmethode, auf der die aktuellen Hartz IV Regelsätze beruhen, für verfassungswidrig (Az.: S 55 AS 9238/12).
Das Gericht setzte daher das Verfahren, in dessen Zusammenhang diese Frage behandelt wurde, aus und legte die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Berechnungsgrundlage des Regelsatzes (erneut) dem Bundesverfassungsgericht vor.
Das BVerfG hatte bereits am 09. Februar 2010 entschieden, dass die damalige Berechnungsmethode des Regelsatzes gegen das Grundgesetz verstößt. Daruafhin wurde das Berechnungsverfahren vom Gesetzgeber angepasst.
Damit stellt sich das Sozialgericht Berlin als erstes deutsches Sozialgericht gegen die aktuelle Berechnungsgrundlage des Regelsätze. Mehrere Landessozialgerichte hatten die Berechnungsmethode bisher nicht zu beanstanden.
Unter dem Strich kommen die Richter vom SG Berlin zu dem Schluss, dass der Regelsatz für Alleinstehende um etwa 36 Euro zu niedrig bemessen sei. Nach Auffassung der Kammer überschreitet der Gesetzgeber bei der Bestimmung der Berechnungsmethode, mit deren Hilfe die Höhe des Regelsatzes bestimmt wird, den ihm vom Bundesverfassungsgericht gelassenen Gestaltungsspielraum.
Die Höhe des Regelsatzes wird anhand einer sogenannten Referenzgruppe der im Hinblick auf das Einkommen unteren 15% der Alleinstehenden berechnet. Bei der Bestimmung dieser Referenzgruppe hat der Gesetzgeber nach Aufassung des SG Berlin systematische Fehler gemacht. Zum Einen sei die Gruppe willkürlich bestimmt worden, zum Anderen sei nicht ersichtlich, warum von den Ausgaben der Referenzgruppe auf die Höhe des notwendigen Bedarfs geschlossen werden könne.
Zudem enthält die Referenzgruppe auch Haushalte, die ihrerseis bereits aufstockend Arbeitslosengeld II auf Basis der damaligen, verfassungswidrig berechneten Regelleistung erhielten (dieser Zirkelschuss bei der Berechnung der aktuellen Regelsatzhöhe sorgte bereits nach Veröffentlichung der neuen Berechnungsmethode für erhebliche Kritik). Ebenfalls seien in der Referenzgruppe weitere Fälle von verdeckter Armut, beispielsweise bei Studenten, enthalten.
Ferner sei der Ausschluss von Dienstleistungen und Waren wie Mahleiten in Gaststätten, Schnittblumen oder Alkohol nicht schlüssig begründet. Hierbei habe der Gesetzgeber nicht beachtet, dass auch die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen durch die Höhe des Regelsatzes ermöglicht werden müsse.