Die Bundesagentur für Arbeit plant zurzeit die Rückforderung von überzahlten Arbeitslosengeld II Leistungen. Die Überzahlung basiert auf einer nicht rechtzeitigen Anpassung der den Zahlungen zugrunde liegenden Bescheide an die zum 01. Januar 2010 in Kraft getretene Kindergelderhöhung.
In den fraglichen Bescheiden war das als Einkommen auf die Hartz IV Regelleistung bzw. das Sozialgeld anzurechnende Kindergeld um 20 Euro pro Kind zu niedrig angesetzt. Daraus resultierend werden nun Rückforderungsbescheide erstellt, mit denen die durch die Falschberechnung begünstigten ALG II Empfänger zur Rückzahlung des überzahlten Betrags aufgefordert werden.
Sozialrechtsanwalt Hartmut Kilger äußert jedoch gegenüber dem ARD Hauptstadtstudio Bedenken am tatsächlichen Bestehen einer Rückzahlungspflicht aus dem beschriebenen Grund. Es greife hier der Vertrauensschutz nach § 45 SBG X. Betroffene könnten sich zudem im Rahmen eines Widerspruchs gegen den Rückforderungsbescheid auf die rechtsvernichtende Einwendung der Entreicherung (§ 818 III BGB) berufen.
Hiernach bestünde kein Recht zur Herausgabe von rechtsgrundlos erhalten Zahlungen, sofern die eingetretene Bereicherung nicht mehr vorhanden – das überzahlte ALG II also bereits verbraucht – ist.
Ein solcher Einwand der Entreicherung nach § 818 III BGB greift jedoch gemäß § 819 I BGB nicht, wenn der Leistungsempfänger von Anfang an wusste, dass eine Überzahlung vorliegt. Gleiches gilt, wenn die Entreicherung erst eingetreten ist, nachdem der Leistungsempfänger von der Überzahlung Kenntnis erlangt hat. Ob ein Empfänger von ALG II den Berechnungsfehler hätte erkennen müssen darf hier allerdings als zweifelhaft angesehen werden.
Weiterhin könnte der Einrede der Entreicherung auch die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) entgegenstehen. Diese nimmt unter anderem an, dass keine Entreicherung vorliegt, wenn der überzahlte Betrag inzwischen verbraucht ist, die aus der Überzahlung getätigte Ausgabe ansonsten aus anderen Mitteln notwendigerweise hätte beglichen werden müssen (BGH NJW 03, 3271).
Betroffenen ist dennoch zu raten gegen einen entsprechenden Rückforderungsbescheid fristgerecht Widerspruch einzulegen.