Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 23.05.2013 entschieden, dass einem minderjährigen Kind keine Leistungen im Sinne des SGB II zustehen, insoweit der im Haushalt lebende faktische Stiefvater über ausreichendes Einkommen verfügt (Az.: B 4 AS 67/11 R).
Nach Überzeugung der höchsten deutschen Sozialrichter ist der Gesetzgeber dazu befugt, bei Stiefelternteil und minderjährigem Stiefkind das Einstehen in Not-und Wechselfällen des Lebens als gegeben anzusehen. Folglich könne das Kind seinen Bedarf aus dem Einkommen des Stiefvaters decken. In der entsprechenden Norm gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II sei demnach kein Verstoß gegen das Grundgesetz zu sehen.
Im Rechtsstreit lebte eine Minderjährige mit ihrer Mutter und deren neuem Ehemann in einem gemeinsamen Haushalt. Vonseiten des jetzigen Ehemanns der Mutter erhielt sie lediglich 50 Euro Taschengeld im Monat, obgleich eben jener immerhin über ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.350 Euro verfügte. Ihr leiblicher Vater sah sich nicht in der Lage, für ihren Unterhalt aufzukommen, lehnte jedoch gleichwohl die Adoption seiner Tochter durch den neuen Ehemann der Mutter ab. Infolgedessen beantragte sie beim für sie zuständigen Leistungsträger Hartz IV. Dieser Antrag wurde jedoch negativ beschieden, woraufhin sie den Rechtsweg beschritt.
Das BSG sah das Vorgehen der Behörde als mit der Rechtsordnung vereinbar an. So sei hier eine Hilfebedürftigkeit eindeutig zu verneinen, da die Minderjährige gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II ihren Bedarf aus dem relativ hohen Einkommen des faktischen Stiefvaters decken könne. Der Urteilsbegründung zufolge dürfe der Gesetzgeber bei minderjährigen (faktischen) Stiefkindern aufgrund des rechtlichen Bandes zwischen dem Stiefkind und seinem leiblichen Elternteil sowie der Ehe zwischen dem leiblichen Elternteil und dem Stiefelternteil das Einstehen in Not-und Wechselfällen des Lebens vermuten. Ein Anspruch auf Leistungen im Sinne des SGB II komme dementsprechend nicht in Betracht.
Nachtrag: Am 21.06.2013 hat das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde, die gegen das genannte Urteil eingelegt wurde, als unzulässig zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin habe nach Ansicht des BVerfG nicht schlüssig dargelegen können, dass sie durch die instanzgerichtlichen Entscheidungen in ihren Grundrechten verletzt sei.