Die Kapitallebensversicherung hat aufgrund der derzeitigen Niedrigzinsphase als Ansparmodell für die Altersvorsorge viel von ihrer Attraktivität eingebüßt. Dennoch haben viele Personen, teilweise bereits vor Jahren, eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen und im Rahmen des Vertrags Ansparungen vorgenommen.
Sofern man als Inhaber einer Kapitallebensversicherung nun auf Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) angewiesen ist, stellt sich immer wieder die Frage, in welchen Fällen zunächst das in der Kapitallebensversicherung gebundene Vermögen verwertet werden muss, bevor Anspruch auf Hartz IV Leistungen besteht.
Anrechnung der Kapitallebensversicherung als Vermögen
Auch bei der Kapitallebensversicherung gelten die üblichen Regeln für die Verwertung von Vermögen. Dies bedeutet zunächst, dass grundsätzlich das eigene Vermögen bis zur Unterschreitung der geltenden Freibeträge eingesetzt werden muss, bevor ein Anspruch auf Hartz IV besteht.
Verwertungsausschluss sorgt für erhöhten Schutz
Der Gesetzgeber hat bei der Planung der Regelungen zur Vermögensanrechnung bewusst erhöhte Freibeträge für Vermögensbestandteile vorgesehen, die der Altersvorsorge dienen. Dazu zählen – neben Schutz von staatlich gefördertem Altersvorsorgevermögen (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II), wie beispielsweise der „Riester-Rente“, auch solche Vermögenswerte die durch eine vertragliche Regelung („Verwertungsausschluss „) nicht vor dem Ruhestand verwertet werden können. Besteht ein solcher Verwertungsausschluss, ist das in der Kapitallebensversicherung gebundene Vermögen bis zur Höhe der Freibeträge des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II geschützt.
Für den Leistungsempfänger Problematisch ist die Frage nach der Verwertungspflicht der Kapitallebensversicherung in Fällen, in denen kein Verwertungsausschluss besteht oder der Wert der (vor Verwertung geschützten) Kapitallebensversicherung die maßgeblichen Freibeträge übersteigt. Im letztgenannten Fall stellt sich die Frage, ob und wie der Differenzbetrag zwischen dem aktuellen Rückkaufswert und dem maßgeblichen Freibetrag zu verwerten ist.
Die Kapitallebensversicherung bzw. der übersteigende Differenzbetrag zum durch Freibeträge geschützten Anteil sind grundsätzlich zu verwerten, damit Leistungen nach dem SGB II bezogen werden können.
Ausnahme: offensichtliche Unwirtschaftlichkeit oder besondere Härte
Ausnahmen hiervon sieht das Gesetz jedoch vor, wenn die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich wäre oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (§ 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II).
Offensichtlich unwirtschaftlich im Sinne dieser Regelung ist eine Verwertung, wenn der unter Beachtung der Kosten einer Verwertung erzielte Erlös aus einem Vermögensgegenstand mehr als 10% unter der Summe der hierfür aufgebrachten Mittel liegt.
Im Falle der Kapitallebensversicherung kann man grob annehmen, dass eine Verwertung im letzten fünftel der Laufzeit in der Regel nicht mehr offensichtlich unwirtschaftlich ist. Das Vorliegen einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung ist jedoch im Einzelfall zu prüfen.
In einem aktuellen Urteil des Bundessozialgerichts (Az: B 14 AS 10/13 R, nach Veröffentlichung auf der Website des Bundessozialgerichts abrufbar) vom 20.02.2014 verweist das Gericht jedoch darauf, das die offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung einer Kapitallebensversicherung nicht allein durch die Höhe des Verlustes bei der Verwertung zu bemessen ist. Auch die Frage, wie lange eine Kapitallebensversicherung bereits besteht bzw. noch laufen wird sei maßgeblich. Ebenfalls sei zu prüfen, für welchen Zeitraum Sozialleistungen nach dem SGB II bezogen werden sollen. Konkretere Vorgaben machte das Bundessozialgericht in dem aktuellen Urteil jedoch nicht. Der Fall wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen, so dass zu dieser Frage eine konkretisierende Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts, dass sich nun mit dem Fall erneut zu befassen hat, zu erwarten ist.
Stets einzelfallbezogen ist auch die Beantwortung der Frage, ob die Verwertung einer Kapitallebensversicherung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Ist dies der Fall, muss der Vermögensgegenstand nicht vom Betroffenen verwertet werden.
In dem genannten aktuellen Urteil des Bundessozialgerichts deutet das Gericht an, dass das Vorliegen einer besonderen Härte zu prüfen sei, wenn der Betroffene nur für kurze Zeit (hier zwei Monate) Sozialleistungen beansprucht. Ebenfalls eine besondere Härte kann die Verwertung beispielsweise für langjährig selbstständig arbeitende Hartz IV Bezieher bedeuten (Bundessozialgericht, Az: B 14 AS 35/08 R).
Wie erfolgt die Verwertung?
Neben dem klassischen Verkauf der Kapitallebensversicherung kann die Verwertung auch durch eine Beleihung der Versicherung erfolgen. Die Möglichkeit einer Beleihung ist oftmals wirtschaftlicher als der Verkauf und stets auch bei der Frage, ob eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit bzw. eine besondere Härte für den Betroffenen vorliegt, zu berücksichtigen.
Je nach Ausgestaltung des Verwertungsausschlusses und des sonstigen Versicherungsvertrags sind im Falle einer anstehenden bzw. anzusehenden Verwertungspflicht unter Umständen auch Teilkündigungen in Höhe der Differenz zwischen den Wert der Kapitallebensversicherung und dem durch Freibeträge geschützten Anteil möglich (beispielsweise in Tarifen der ERGOdirekt – weitere Informationen).
Beiträge zur Kapitallebensversicherung
Die Beiträge für Altersvorsorgeleistungen sind grundsätzlich vom Versicherungsnehmer selbst aus dem Regelsatz zu tragen. Die früher bestehende Möglichkeit, Zuschüsse für Versicherungsbeiträge, die der Altersvorsorge dienen, zu erhalten wurde mit dem Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (HBeglG 2011) ersatzlos gestrichen.
In der Praxis besteht jedoch oft die Möglichkeit eine Kapitallebensversicherung zeitweise beitragsfrei zu stellen, so dass während dem Bezug der SGB II Leistungen keine wirtschaftliche Belastung durch die zu entrichtenden Beiträge zur Kapitallebensversicherung besteht.
Exkurs: Risikolebensversicherung
Weniger Probleme bereiten hingegen reine Risikolebensversicherungen. Diese enthalten im Gegensatz zur Kapitallebensversicherung keine vermögensbildende Ansparung und versichern allein den Todesfall. Eine Verwertung als Vermögen ist bei der Risikolebensversicherung daher nicht möglich.
Sofern jedoch Personen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, im Versicherungsfall als Begünstigte Zahlungen aus einer Risikolebensversicherung erhalten, sind diese in der Regel als einmalige Einnahme nach den Regeln zur Einkommensanrechnung bedarfsmindernd zu berücksichtigen.