Einem am 30.03.2016 ergangenen Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) zufolge dürfen Trinkgeldeinnahmen bei der Berechnung des ALG II nicht als Einkommen bedarfsmindernd berücksichtigt werden.
Zur Begründung führten das SG aus, dass das Geben von Trinkgeld schließlich nicht auf einer rechtlichen oder sittlichen Verpflichtung beruhen würde. Vielmehr sei hierin eine freiwillige Leistung zu sehen, deren Sinn und Zweck die Honorierung einer Dienstleistung ist und folgerichtig auch dem Dienstleistenden selbst zukommen sollte. Das Gericht fügte in diesem Zusammenhang dazu, dass andernfalls kaum noch Trinkgeld gezahlt werden würde, weil der Kunde des Dienstleistenden ja die die Situation des Dienstleistenden mittels Zahlung des Trinkgeldes explizit verbessert möchte. Nicht zuletzt wäre die Anrechnung von Trinkgeld auf das ALG II auch ausgesprochen schädlich für die Motivation der betroffenen ALG II Bezieher, wodurch deren Eingliederung auf den Arbeitsmarkt deutlich erschwert werde.
Konkret ging es um eine aufstockendes ALG II beziehende Friseurin, deren Jobcenter eine Schätzung von Trinkgeldeinnahmen in Höhe von 60 Euro monatlich vornahm und jene Summe bedarfsmindernd auf ihr ALG II anrechnete.
Das SG entschied aber zugunsten der Leistungsempfängerin. Unabhängig davon, ob die Behörde überhaupt zu einer derartigen Schätzung befugt sei oder nicht, dürften Trinkgeldeinnahmen bei der Berechnung des ALG II generell nicht als Einkommen bedarfsmindernd berücksichtigt werden.