Damit auch für volljährige Kinder ein Anspruch auf Kindergeld besteht, müssen neben den allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen weitere Voraussetzungen erfüllt sein.
Kindergeld während Schulausbildung, Berufsausbildung oder Studium des Kindes
Solange sich ein volljähriges Kind in einer Schulausbildung oder Berufsausbildung befindet oder einem Studium nachgeht, ist es gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG bei der Berechnung des Kindergeldes bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres zu berücksichtigen.
Das Gesetz spricht davon, dass das Kind „für einen Beruf ausgebildet wird“. Darunter sind ernsthafte Vorbereitungen des Kindes auf den zukünftigen Beruf zu verstehen, mit deren Hilfe Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten erworben werden können, die als Grundlage zur Ausübung des vom Kind angestrebten Berufs geeignet sind. Dabei muss das angestrebte Berufsziel nicht zwingen ein regulärer Ausbildungsberuf sein.
Kindergeld während einer Schulausbildung
Vom Bereich der schulischen Ausbildungen ist insbesondere der Besuch der im Folgenden genannten, allgemeinbildenden Schulen umfasst:
- Hauptschule
- Realschule
- Gymnasium
- Oberschule
- Fachschule
- berufsbildende Schule
- berufliche Schule
Voraussetzung für die Berücksichtigung von Kindern, die einer schulischen Ausbildung nachgehen ist, dass diese einer gewissen schulischen Organisation unterliegt und deren Gestaltung nicht überwiegend in der Hand des Schülers liegt. Ferner sind Austausch und Kontakt zwischen Lehrer und Schüler erforderlich.
Daher kann auch beispielsweise eine Schulausbildung im Fernunterricht (z.B. Fernabitur) oder die Teilnahme an einem Sprachkurs im Fernunterricht zu einer Berücksichtigung des Kindes bei der Kindergeldberechnung führen. Kinder, die eigenständigen Prüfungsvorbereitungen oder sonstigen schulischen Aktivitäten nachgehen, die die genannten Anforderungen nicht erfüllen, sind regelmäßig nicht berücksichtigungsfähig.
Grundsätzlich möglich ist auch die Berücksichtigung von Kindern, die eine Schulausbildung oder Teile davon im Ausland absolvieren. Beispiele hierfür sind Programme zum Schüleraustausch oder ein akademisches Jahr im Ausland.
Die Schulausbildung – und damit auch die Berücksichtigung des Kindes aufgrund der genannten Regelung – endet regelmäßig mit dem offiziellen Ende des Schuljahres. Dies kann insbesondere beim Besuch einer gymnasialen Oberstufe im Abiturjahrgang auf einen früheren Zeitpunk vorverlegt sein.
Kindergeld während einer Berufsausbildung
In der Regel bei der Berechnung des Kindergeldes berücksichtigt werden Kinder, die eine Ausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf nach dem BBiG absolvieren.
Dies ist jedoch keine zwingende Voraussetzung. Vielmehr kommt es darauf an, dass der Auszubildende im Rahmen der Ausbildung (in Abgrenzung zum klassischen Beschäftigungsverhältnis) zur Vermittlung von Fähigkeiten und Kenntnissen angeleitet wird.
Die für die Berechnung des Kindergeldes relevante Ausbildungszeit endet in der Regel mit der offiziellen Mitteilung der Ergebnisse der vorgeschriebenen Abschlussprüfung.
Kindergeld während eines Studiums
Grundsätzlich ist auch das Studium an einer Hochschule / Universität oder Fachhochschule im Inland oder Ausland als Ausbildung anzusehen.
Im Rahmen des Studiums besteht die Kindergeldberechtigung auch während eines Auslandssemesters, für die der Studierende ein vergleichbares Studium in Deutschland unterbricht, fort.
Gleiches gilt im Falle von Pflichtpraktika, die vor, nach oder während des Studiums absolviert werden müssen. Auch freiwillige Praktika mit Ausbildungscharakter gelten als kindergeldrelevante Ausbildung.
Ein ernsthaft betriebenes Promotionsstudium und die Referendarzeit für Juristen oder Lehrer sind ebenfalls als Ausbildung anzusehen.
Neben den im Abschnitt „Unterbrechung der Ausbildung“ genannten Gründen kann bei Studierenden auch eine Beurlaubung zum Weiterbestehen des Kindergeldanspruchs führen, wenn ein entsprechender Grund vorliegt. Statthafte Gründe für eine Beurlaubung sind beispielsweise Prüfungsvorbereitungen, Praktika oder die Absolvierung eines Auslandssemesters. Nicht ausreichend ist hingegen die Mitarbeit in studentischen Organisationen oder Gremien.
Kindergeld während einer zweiten Ausbildung
Auch während einer zweiten Ausbildung oder eines weiteren bzw. anschließenden Studiums kann weiterhin ein Anspruch auf Kindergeld bestehen. Ein Kind, das eine zweite Ausbildung absolviert, darf jedoch dabei keiner anspruchsschädlichen Erwerbstätigkeit (siehe unten) nachgehen, um den Kindergeldanspruch nicht zu verlieren.
Erstmalige Berufsausbildung / Erststudium
Um eine erstmalige Berufsausbildung bzw. ein Erststudium handelt es sich immer dann, wenn zuvor weder Berufsausbildung noch Studium abgeschlossen wurden.
Der Abschluss erfolgt in der Regel durch die staatlich anerkannte Prüfung am Ende der Ausbildung. So stellt im Falle eines Studiums auch der Erwerb des Bachelor ein abgeschlossenes Studium dar. Bei einem anschließenden Master-Studium würde es sich demnach nicht mehr um eine erstmalige Ausbildung handeln.
Wenn mehrere Studiengänge parallel studiert werden, liegt bei erreichen eines Abschlusses in einem Studiengang im Hinblick auf die anderen, noch nicht abgeschlossenen Studiengänge kein Erststudium mehr vor.
Nicht abgeschlossen ist ein Studium hingegen beispielsweise dann, wenn der Studiengang gewechselt wird, ohne dass zuvor die Abschlussprüfung abgelegt wurde.
anspruchsschädliche Erwerbstätigkeit beim Kindergeld
Befindet sich ein Kind nicht mehr in der Erstausbildung, so entfällt der Kindergeldanspruch bei Vorliegen einer sogenannten anspruchsschädlichen Erwerbstätigkeit. Sofern die Erwerbstätigkeit des Kindes nicht anspruchsschädlich ist, steht sie dem Anspruch auf Kindergeld nicht entgegen. Seit Beginn des Jahres 2012 ist die bisherige Einkommensgrenze beim Kindergeld ersatzlos gestrichen, die Höhe der Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit ist somit unbeachtlich.
Der Begriff der Erwerbstätigkeit umfasst dabei alle auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Beschäftigungen, die den Einsatz der persönlichen Arbeitskraft erfordern. Umfasst sind somit nicht selbstständige Tätigkeiten genauso wie gewerbliche oder selbstständige Tätigkeiten.
Keine Erwerbstätigkeit in diesem Sinne wäre beispielsweise die Verwaltung eigener Vermögensbestände.
Anspruchsschädlich ist eine Erwerbstätigkeit immer dann, wenn diese die regelmäßige Wochenarbeitszeit von 20 Stunden überschreitet. Dabei kann die Wochenarbeitszeit längstens für einen Zeitraum von zwei Monaten überschritten werden, sofern die 20-Stunden-Grenze im Jahresmittel eingehalten wird.
Grundsätzlich unschädlich sind Erwerbstätigkeiten, die im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses ausgeübt werden. Gleiches gilt für geringfügige Beschäftigungen (sogenannte „450-Euro-Jobs„) gemäß § 8, 8a SGB IV.
Kindergeld für Kinder ohne Beschäftigungsverhältnis
Kindergeld für volljährige Kinder, die sich nicht in einer Schulausbildung, Berufsausbildung oder einem Studium befinden und darüber hinaus auch nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen oder für die eine der sonstigen Ausnahmen des § 32 Abs. 4 Nr. 2, 3 EStG zutrifft, können bis zu Vollendung des 21. Lebensjahres weiterhin einen Anspruch auf Kindergeld begründen. Dies gilt auch dann, wenn das Kind lediglich geringfügig beschäftigt ist (sogenannter „450-Euro-Job“).
Voraussetzung ist gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG, dass das Kind bei einer Agentur für Arbeit in Deutschland oder bei einem Träger für Leistungen des Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) arbeitssuchend gemeldet ist. Ebenfalls ausreichend ist die Meldung als Arbeitssuchender bei einer staatlichen Arbeitsvermittlung in einem Mitgliedsland der Europäischen Union (EU), des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) oder in der Schweiz.
Die Leistungsdauer verlängert sich entsprechend gemäß den unten beschriebenen Regelungen, sofern das Kind den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst abgeleistet, bevor es das 21. Lebensjahr vollendet hat.
Kindergeld für Kinder ohne Ausbildungsplatz
Bei der Berechnung des Kindergeldes werden volljährige Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG berücksichtigt, wenn diese eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen können.
Die Berufsausbildung kann dabei sowohl im Inland als auch im Ausland angestrebt werden. Voraussetzung für die Anwendung dieser Ausnahmeregelung ist die ernsthafte und nachweislich erfolglose Bemühung um einen Ausbildungsplatz zum frühestmöglichen Zeitpunkt.
Das Bemühen des Kindes kann dabei beispielsweise durch die Vorlage entsprechender Absagen gegenüber der zuständigen Stelle glaubhaft gemacht werden. In der Regel gilt der Mangel an Ausbildungsplätzen auch dann als nachgewiesen, wenn das Kind bei einer Agentur für Arbeit in Deutschland als Bewerber für einen Ausbildungsplatz bekannt ist.
Kindergeld während Bundesfreiwilligendienst und freiwilligem ökologischen oder sozialen Jahr des Kindes
Ebenfalls bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres kann ein volljähriges Kind bei der Berechnung des Kindergeldes berücksichtigt werden, wenn es
- Bundesfreiwilligendienst (kurz Bufdi oder BFD) oder
- ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des JFDG oder
- ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des JFDG oder
- eine Freiwilligendienst des Programmes „Jugend in Aktion“ im Sinne des EU-Beschlusses Nr. 1719/2006/EG oder
- einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 14b ZDG oder
- einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Richtlinie des BMZ (BAnz. 2008 Seite 1297) oder
- einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB VII
ableistet. Je nach Art des Dienstes kann die Berücksichtigung des Kindes auf dessen Dauer oder einen bestimmten Zeitraum begrenzt sein.
Altersgrenzen beim Kindergeld
Wie zuvor dargestellt, kann auch für volljährige Kinder grundsätzlich Anspruch auf Kindergeld bestehen, sofern die notwendigen Voraussetzungen gegeben sind. Hierzu zählen insbesondere die genannten Altersgrenzen.
Für Kinder, die sich in einer Schulausbildung, Berufsausbildung oder im Studium befinden, kann der Anspruch auf Kindergeld über das 25. Lebensjahr bestehen bleiben, wenn das Kind
- den gesetzlichen Grundwehrdienst (Wehrpflicht) geleistet hat oder
- sich anstelle des Grundwehrdienstes freiwillig für bis zu drei Jahre zum Wehrdienst verpflichtet hat oder
- Zivildienst geleistet hat oder
- eine Tätigkeit als Entwicklungshelfer ausgeübt hat, die von der Pflicht zum Wehrdienst bzw. Zivildienst befreit.
Liegt eine der Voraussetzungen vor, kann der Anspruch auf Kindergeld um die Zeit des gesetzlichen Wehr- bzw. Zivildienstes über das 25. Lebensjahr hinaus weiter bestehen. Während der Zeit des Wehr- oder Zivildienstes besteht jedoch kein Kindergeldanspruch.
Zu beachten ist jedoch, dass die Verlängerungsmöglichkeit nicht bei Teilnahme am Bundesfreiwilligendienst (kurz: BFD oder Bufdi), der mit Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht eingeführt wurde, besteht.
Übergangzeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten
Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG besteht der Kindergeldanspruch längstens für eine Übergangszeit von bis zu vier vollen Kalendermonaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten fort.
Ist die zeitliche Lücke zwischen zwei Ausbildungsabschnitten größer als vier volle Kalendermonate, kann der Kindergeldanspruch von Beginn der Lücke an entfallen.
Beispiel
Ein Kind schließt zum 15.05. seine Schulausbildung mit dem Abitur ab und beginnt am 14.10 desselben Jahres ein Studium an einer Hochschule. Die Lücke zwischen den beiden Ausbildungsabschnitten umfasst vier volle Kalendermonate (Juni, Juli, August, September).
Der Kindergeldanspruch bleibt daher zwischen Abitur und Studium bestehen.
Kindergeld bei Unterbrechung der Ausbildung bzw. des Studiums
Grundsätzlich kann der Kindergeldanspruch fortbestehen, wenn eine Ausbildung aus besonderen Gründen zeitweilig unterbrochen wird.
Im Falle einer Schwangerschaft besteht der Anspruch auf Kindergeld weiterhin, wenn die Ausbildung bzw. das Studium für die Dauer der Mutterschutzfrist unterbrochen wird.
Auch im Falle von Unterbrechungen aufgrund von Krankheit ist für die Dauer von bis zu sechs Monaten das Fortbestehen eines Kindergeldanspruchs in der Regel unproblematisch.
In beiden Fällen ist jedoch der Nachweis der Gründe für die Unterbrechung der Ausbildung bzw. des Studiums durch ein ärztliches Attest zu führen.
Kindergeld für verheiratete Kinder (Entfallen der Unterhaltspflicht der Eltern)
Mit der Heirat eines zum Kindergeldbezug berechtigenden Kindes erlischt in der Regel der Anspruch des Kindergeldberechtigten. Dies ist darin begründet, dass gleichzeitig ebenso die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber dem Kind hinter der Unterhaltspflicht des Ehepartners zurücktritt.
Daher besteht darüber hinaus auch kein Anspruch auf Kindergeld mehr in Fällen, in denen das den Anspruch begründende Kind
- eine eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem LPartG begründet.
- einen zeitlich befristeten Unterhaltsanspruch gegenüber dem Vater eines eigenen Kindes aus Anlass der Geburt nach § 1615 Abs. 1 BGB hat.
- dauernd getrennt lebend oder geschieden ist und Anspruch auf Unterhalt hat.
Jedoch kann ein Anspruch auf Kindergeld weiterhin bestehen, wenn die bezugsberechtigten Eltern weiterhin für den Lebensunterhalt des Kindes aufkommen, beispielsweise weil die Einkünfte der vorrangig unterhaltspflichtigen Person nicht ausreichend hoch sind, um den Unterhalt des zum Kindergeldbezug berechtigenden Kindes sicherzustellen.