Mein ältester Sohn (28) arbeitet seit zehn Jahren bei Zeitarbeitsfirmen. In der ganzen Zeit hat er trotz intensiver Suche weder einen Ausbildungsplatz noch eine feste Arbeit erhalten. Ich weiß, dass man weder auf das eine, noch auf das andere einen Rechtsanspruch hat - dennoch ist es Mist! Jedenfalls hat mein Sohn noch nie in seinem Leben ALG1 oder ALG 2 beantragt und dies nur aus dem Grund, weil die zuständigen SB IMMER herablassend, extrem unhöflich und beleidigend waren. Immer wieder hatte er es zwar versucht, wenn er in Not war, aber zog es dann vor, zu gehen. Er hatte bisher immer wieder das Glück nur kurze Zeit ohne Unterkunft zu sein. Meist lebt er tageweise bei Freunden als Gast - also ohne eigene Wohnung und ohne Intimsphäre. Wenn es ganz schlimm wird, hungert er und das schmerzt mich besonders.
Mein Sohn ist weder faul, noch arbeitsscheu. Als er einmal einen Arbeitsunfall hatte und darum sein Knie kaputt war, wurde er von der betreffenden Zeitarbeitsfirma direkt gekündigt. Ohne ALG 1 war er dann auch nicht krankenversichert und konnte sein Knie auch nicht behandeln lassen. Die Fahrten zu den verschiedenen Einsatzorten hat er stets selber bezahlen müssen, er bekam nie von seinem Arbeitgeber einen Zuschuß. Das Geld für Weiterbildungen hat er selbst zusammengespart von dem wenigen Einkommen, das er erhielt. Selbst mit 40° C Fieber geht er arbeiten, damit man ihn nicht kündigt.
Vor zwei Jahren hat die eine Zeitarbeitsfirma seine Lohnsteuerkarte verschlampt und ihm nichts davon gesagt. Er wunderte sich über das geringe Entgelt trotz der vielen Arbeitszeiten. Ende des Jahres kam dann heraus, dass das Zeitarbeitsunternehmen ihn auf die höchste Steuerklasse eingestuft hatte. Sicher, mein Sohn hätte sich schriftlich bestätigen lassen sollen, dass er die Lohnsteuerkarte abgegeben hat, aber er tat dies damals nicht. Heute ist er klüger und läßt sich alles bescheinigen, was er dem Arbeitgeber aushändigt. Aufgrund dessen bekam er schon zwei Anstellungen nicht, NUR aufgrund der Tatsache, dass er um eine schriftliche Bestätigung für den Empfang seiner Unterlagen gebeten hatte.
Seit Anfang vergangenen Jahres arbeitet er nun über eine Zeitarbeitsfirma bei einem großen Konzern in der Produktion. Monat für Monat wird er und seine Kollegen bezüglich einer Festanstellung vertröstet. Er und seine Kollegen, die auch über die Zeitarbeitsfirma in dem Konzern arbeiten, erhalten für dieselbe Arbeit, die jene beim Konzern angestellten Leute machen, nicht einmal die Hälfte des Lohns - von weiteren Zuwendungen ganz zu schweigen. Zugleich ist der Urlaubsanspruch erheblich geringer und von vornherein festgelegt. Einige seiner Kollegen sind Familienväter und die bekommen auch nicht während der Schulferien auch nur einen Tag frei. Gleichzeitig traut sich keiner von den Leuten, die über die Zeitarbeitsfirma in dem Werk arbeiten, sich krank zu melden. Warum? - Weil sie froh sind, überhaupt eingesetzt zu werden. Denn es ist oft auch so, dass man sich rund um die Uhr jeden Tag in der Woche (also Montag bis Sonntag) freihalten muß, um jederzeit eingesetzt zu werden und dann kommt doch kein Anruf und am Ende des Monats ist dann das Geld nicht ausreichend vorhanden, um die Kosten eines geregelten Lebens zu bezahlen. Ein solcher Bereitschaftsdienst sollte gesetzmäßig verboten sein oder aber als solcher auch verpflichtend finanziell vergolten werden.
Es freut mich sehr, wenn es schon mal diese Ausnahme gibt, dass Menschen über eine Zeitarbeitsfirma eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitarbeit bekommen, bei der sie ausreichend verdienen. Aber in der Regel sieht es nicht so aus.
Die SB in den Ämtern sollten endlich erkennen, dass man sich seine Arbeitslosigkeit nicht ausgesucht hat. Es gibt vielerlei Gründe für die Arbeitslosigkeit. Auch extremes Bemühen und großer Einsatz für die Beschaffung eines sozialversicherungspflichtigen Vollzeitarbeitsplatzes bringt einen sehr oft nicht ans Ziel.
Die Sachbearbeiter in den JCs werden "Berufsberater" genannt. Darin impliziert ist doch eigentlich, dass man beratend tätig ist und dass man dem Antragsteller hilft. Dies ist aber in der Regel nicht so! Eine Verhöhnung ist das letzte was man als Arbeitssuchender braucht. Außerdem ist es schlichtweg für viele ALG-2-Empfänger schlicht unbegreiflich, dass für sinnlose Maßnahmen Geld da ist und auch Bildungsgutscheine ausgegeben werden, nicht aber eine sinnvolle Weiterbildung oder Umschulung. Man bekommt einfach den Eindruck, dass gar nicht in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden soll. Meine SB meinte mir gegenüber mehrfach, dass mit diesen Maßnahmen ohnehin nur geprüft würde, wer wirklich bereit ist, etwas zu tun. Aber wenn das wirklich so ist, dann frage ich mich, weshalb dieses Geld, das ja auch nicht zu knapp ist, nicht in andere und bessere Maßnahmen investiert wird.
Dass vieles auch anders laufen kann, sieht man an einzelnen Beispielen in einigen wenigen Regionen. Zum Beispiel gibt es in Augsburg ein hervorragendes Projekt für Arbeitslose über 50. Diese regionalen Unterschiede, die völlig verschiedene Vorgaben innerhalb eines Bundeslandes schaffen, anstatt die bundesweit besten Projekte und Maßnahmen herauszugreifen und allgemein bundesweit einzurichten, sind verheerend - auch wenn sie vom Gesetzgeber so vorgegeben sind.
Klar muß man sich als Arbeitsloser an die Gesetze halten, aber man kann dennoch im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten seine Rechte auch wahrnehmen und die meisten, die hier Fragen stellen, wollen nichts anderes. Da hilft es allerdings wenig, wenn nur Entscheidungen des JCs erläutert werden. Würden all diese Entscheidungen alle stimmen, dann würde es auch keine Klagen geben. Derzeit wird ja auch diskutiert, die JC an den Gerichtskosten zu beteiligen, eben WEIL sie sehr oft falsch und nicht gesetzmäßig entscheiden. Und es hilft auch wenig, wenn hier eine "Beraterin" schreibt, dass sie sehr viel Geld verdient!
Beste Grüße,
Freydis