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Stadt zahlt zu wenig Hartz-IV-Miete
Sozialgericht gibt Klägern Recht / Leipzig verschleppt Neuberechnung der Kosten der Unterkunft
Wer am Sozialgericht gegen seinen Hartz-IV-Mietzuschuss klagt, hat gute Chancen auf mehr Geld aus der Stadtkasse. Denn immer öfter geben die Richter den Klägern Recht. Grund: Die Kommune verschleppt seit Jahren eine Neuberechnung der Kosten der Unterkunft. Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD) rechnet jetzt mit Belastungen in Millionenhöhe.
Julia T.* erhielt zu ihrer Miete 298,79 Euro. Tatsächlich kostet ihre 50-Quadratmeter-Wohnung jedoch 374,93 Euro. Sie zog vor das Leipziger Sozialgericht und das erkannte ihr 368,60 Euro zu - monatlich also 69,81 Euro mehr. Auch für Bernd D.* lohnte sich der Rechtsstreit. Ihm sprach das Gericht 414,37 Euro für Miete und Heizung zu. Das sind immerhin noch 52,20 Euro jeden Monat mehr, als ihm die Behörde überwies.
Wer Hartz IV bezieht, hat nicht nur Anspruch auf den Regelsatz von 364 Euro pro Monat. Die Kommune übernimmt darüber hinaus auch die Miet- und Heizkosten, sofern sie angemessen sind. Diese so genannten Kosten der Unterkunft berechnen sich in Leipzig wie folgt: Pro Quadratmeter Wohnfläche gibt es 3,85 Euro zur Grundmiete, 1,20 Euro für Nebenkosten und 1,15 Euro für Heizung. Macht zusammen: 6,20 Euro. Obergrenzen ergeben sich im Regelfall nur aus der Haushaltsgröße. Für einen Ein-Personen-Haushalt erachtet das Leipziger Sozialamt 45 Quadratmeter als ausreichend, für die ein Hartz-IV-Empfänger höchstens 279 Euro in Leipzig erwarten darf. Einem Zwei-Personen-Haushalt (maximal 60 Quadratmeter) gewährt die Stadt 372 Euro, einem Drei-Personen-Haushalt (maximal 75 Quadratmeter) 465 Euro. Bei vier Personen (maximal 85 Quadratmeter) sind es 527 Euro.
Allerdings: "Die Stadt hat dieses Eckpunktepapier 2004 entwickelt", sagt Sebastian Obermeier, Fachanwalt für Sozialrecht in Leipzig. Seitdem habe es keine grundlegenden Änderungen daran gegeben. Wohl aber haben sich die Kosten, etwa für Energie und Fernwärme, zum Teil dramatisch erhöht. Und die Richter sehen das offenbar genauso.
Sie verlangen von der Kommune daher ein "schlüssiges Konzept", das nach einer umfangreichen Datenerhebung "die örtlichen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt" abbildet und davon angemessene Kosten der Unterkunft ableitet. Doch weder das Eckwertepapier noch der Mietspiegel erfüllten die Voraussetzungen für ein solches wohnungswirtschaftliches Gutachten, kritisieren die Richter.
"Wir haben ein schlüssiges Konzept erarbeitet", sagt Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD) auf LVZ-Anfrage. Es befinde sich derzeit "in der verwaltungsinternen Abstimmungsphase". Dass die Stadtverwaltung damit befasst sei, hatte sie aber der 25. Kammer des Leipziger Sozialgerichtes schon vor einem Jahr schriftlich erklärt.
Inzwischen ziehen die Sozialrichter die für die Kläger günstigeren Wohngeldtabellen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung als Vergleichsgröße heran. Danach erhält beispielsweise ein Ein-Personen-Haushalt 330 Euro Miete - 51 Euro mehr als die Stadt Leipzig zahlt.
"Nach meiner Auffassung sind diese Werte ganz schön hoch", räumt selbst Anwalt Obermeier ein. Denn die Tabelle berücksichtige nicht die konkreten Verhältnisse in Leipzig, sondern ist für ganz Deutschland verbindlich. Die Verwaltung sei aber selbst schuld, meint Obermeier. "Die Stadt hat die Sache verschlafen und das fällt ihr jetzt auf die Füße."
Inzwischen forderte auch der Stadtrat die Verwaltung auf, eine Neuberechnung der Kosten der Unterkunft vorzunehmen. Wann genau das Papier kommt, ist ungewiss. Fest steht für Sozialbürgermeister Fabian jedoch schon heute: Die Anpassung der Sätze "wird die Stadt Millionen kosten". Außerdem werde dies Auswirkungen auf dem gesamten Wohnungsmarkt haben. "Mietsteigerungen", so Fabian, "werden eine Nebenwirkung sein." Klaus Staeubert
© Standpunkt / *Name geändert