Hallo Horst!
Erst mal ein Dankeschön für deine ausführliche Antwort.
Zur Klärung: Ich wohne von meiner GESAMTEN Familie weit weg, da ich wegen des Studiums umziehen musste. Daher wäre eine Barzahlung nicht möglich gewesen. Per Post wäre natürlich noch eine Lösung gewesen, allerdings wer will schon Geld per Post verschicken???
Nein, auf eine Vorschusszahlung hat man mich tatsächlich nicht hingewiesen. Ich habe den Antrag vor Weihnachten abgegeben, gestempelt wurde er am 30. Dezember und am 6. Januar hatte ich mein erstes Gespräch bei meinem zuständigen Beamten. Da ging es nur darum, was ich noch alles abzugeben habe und dass meine Jobvermittlerin im Urlaub ist, sich dann aber bei mir melden würde (was auch nicht eingetreten ist, ich hätte diese Woche meinen ersten Termin bei ihr gehabt nachdem ich darum gebeten habe, in der Zwischenzeit habe ich aber selbst einen Job gefunden) In diesem ersten Gespräch wurde ich in keiner Weise auf Vorschusszahlungen hingewiesen. Der Kontoauszug zeigte 303,56 Euro MINUS an, vielleicht hätte er bei einem genehmigten Dispo von 200 erkennen können, dass ich sofort Geld benötige. Ich habe sehr wohl nachgefragt, wann ich mit dem ersten Geld rechnen kann, da ich keines mehr hätte. Ich kam auch schon mit der Miete in Verzug, daher bat ich um Hilfe bei meinem Vater, der natürlich sehr begeistert war.
Ich führte noch zwei weitere Telefonate mit meinem zuständigen Beamten, da ich von der Krankenkasse schon Briefe bekam. Beim zweiten Telefonat fragte ich dann, wann ich denn das Geld endlich bekäme, da ich schließlich von etwas leben müsse. Die Antwort war: "jetzt dann". Zunächst war ich erleichtert. Die Definition von "jetzt dann" driftete aber anscheinend weit auseinander, denn es vergingen weitere 3 Wochen. Auch in diesem Gespräch, als ich hingewiesen habe, dass ich nicht mehr ein und aus weiß, wurde mir ebenfalls nichts von einer Vorschusszahlung erzählt.
Also, ich werde Widerspruch einlegen und hoffen, dass ich noch Geld bekomme, denn ich weiß echt nicht, von was ich bis Ende März, bis ich meinen ersten Lohn erhalte, leben soll. Miete bezahlen??? Weiß nicht wie, mein Vater kann mir jedenfalls nichts mehr geben, weder per Überweisung noch bar. Ich habe jetzt noch 2,34 Euro im Geldbeutel, mal schaunen, wie lang ich damit klar komme. Sicherlich nicht bis Ende März. Und mein Vermieter wird sich auch über die nichteingegangene Miete freuen. Und Vorschusszahlungen jetzt ?? Nein, die haben ja schon das Geld für März gestoppt, da ich ja ab 1.3 einen Job habe.
Ich finde es erschreckend traurig, dass man vom Amt quasi "auf die Probe gestellt wird". Die meisten könnten sich bei Verwandten oder Freunden oder wie auch immer um Kredite betteln um das Überleben zu sichern. Doch so ist das in einem Sozialstaat nicht gedacht, sich mittels privater Kredite über Wasser zu halten. Für was zahlt meine Familie denn Steuern?? Dafür, dass ich dann bei ihnen um Hilfe bitte, sie mich mittragen müssen, obwohl sie in keiner Weise dazu verpflichtet sind bzw. eigentlich fähig sind. Es ist echt traurig.
Unberechtigter Antrag?? Ganz ehrlich, mein Cousin wurde ausgestellt wegen der Finanzkrise. Er musste dann HartzIV beantragen. Und daher weiß ich, wie erniedrigend das ist. Wäre ich nicht wirklich darauf angewiesen, hätte ich keinen Antrag gestellt. Da ich erhofft hatte, innerhalb eines Monats einen Job zu finden, habe ich auch erst im allerletzten Moment den Antrag gestellt. Mein letztes Gehalt (von einem 400 Euro Job neben meinem Studium) erhielt ich ja Ende November. Und erst vor Weihnachten stellte ich den Antrag, da es aussichtslos war, einen Job zu bekommen. Meine Russischkenntnisse halten sich in Grenzen, einen Staplerfahrerschein habe ich nicht, den LKW-Schein um ToiToi Toiletten einzufahren besitze ich auch nicht. Du siehst vielleicht, dass ich mich für keine Arbeit in irgendeiner Weise zu schade war. Doch man muss mich auch nehmen wollen. Und die, die sich auf meine Bewerbungen gemeldet haben, wollten einen Vermittlungsgutschein, den ich nicht habe. Erst nachdem ich einen Monat schon ohne Geld auskam und ettliche Bewerbungen geschrieben habe und sämtliche Absagen bzw. gar keine Rückmeldung erhielt, habe ich den Antrag gestellt.
Ich finde es ja gut, dass man Missbrauch verhindern will, doch mal sollte nicht jeden von Vornherein als Betrüger und Missbraucher abstempeln oder behandeln.
Eines weiß ich: ich werde niemals einen Job kündigen egal was ist, das HartzIV sieht mich nie wieder. Es ist menschenentwürdigend, erniedrigend, erzeugt Existenzängste bis ins letzte Mark. Im Falle dass ich gekündigt werden sollte, werde ich mir immer Geld sparen, damit ich damit eine Zeit über die Runden komme, auf den Staat zähl ich nicht mehr. Ich dachte, wir leben in einem Sozialstaat, doch anscheinend leben wir das gar nicht wirklich. Ich finde es beängstigend, dass man um Hilfe bittet, Anspruch hat und dann wird erst mal geschaut, wie der Gekenterte auf offener See an sein lebenrettendes Holzstück kommt. Und wenn er sich an einer Seegurke festhalten kann, dann reicht das ja. Und da wird geschaut, wie der Gekenterte zappelt und um Hilfe schreit, bis er wirklich am untergehen ist. Und bevor er dann ersäuft, da kommt dann kein Rettungsboot, das dich mitnimmt, sondern es wird ihm nur der Rettungsring vor die Schnautze geworfen und wieder weggefahren.
Vielleicht siehtst du das nicht als "Dummheit" der Leute an, wenn sie um ihre Existenz kämpfen. Sich selbst soweit erniedrigen, dass man bei selbst nicht so gut verdienendem und Schulden habendem Vater anklopft und betteln geht.
Stimmt, ich hätte auch Flaschensammeln gehen können, das wäre nicht auf meinem Konto erschienen. Stimmt.
Entschuldige meinen Zynismus aber im Moment bleibt mir nur noch der, damit ich nicht völlig den Verstand verliere.
Die Wut in meinem Bauch richtet sich gegen das System, nicht gegen dich, falls du das so auffassen könntest.
So, dann nochmal ein Dankeschön an deine Antwort,
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