Beiträge von Wolfgang Höhl

    – Wann und warum jegliche Legitimation für deren Erhebung fehlt – Und (für) viel viel mehr ...


    Derzeit bewegen die Zusatzbeiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fast ganz Deutschland. Und zwar aus mehreren Gründen – finanzieller und anderer Art. Schon das Verfahren bei deren Einführung ist mehrfach bemerkenswert und hat teilweise geradezu skurrile Züge. Weit mehr als grotesk und mit gewaltigen Folgen ist jedoch, dass viele Kassen inzwischen u. a. gar nicht (mehr) die Legitimation haben, einen Zusatzbeitrag rechtmässig von „ihren“ Versicherten zu erheben. Aber eines nach dem anderen kurz zusammengefasst:


    Lange Zeit wurde teils heftig dementiert und hiess es schier unisono, dass Zusatzbeiträge nicht zur Debatte stünden, jedenfalls nicht bald und schon gar nicht in nennenswerter Höhe und einem ebensolchen Ausmass. Dann ging es plötzlich Schlag auf Schlag und ganz anders: Vor wenigen Tagen, am 25. Januar, fand das – wie es die Süddeutsche Zeitung (SZ) nannte – „Massenouting“ von Krankenkassen statt, die für viele Millionen von gesetzlich Krankenversicherten nun doch kurzfristig den Pauschalbetrag von € 8 ankündigten. Die SZ sprach ob dieses offenkundig abgestimmten Verfahrens von einem „Kartell der Kassen“ und kommentierte die offene Preiskooperation pointiert mit: "Das ist selbst für das an Absonderlichkeiten reiche Gesundheitssystem ziemlich frech."


    Das war´s aber noch nicht: Lediglich etwas mehr als eine Woche später, kamen am 3. Februar andere Kassen daher und kündigten Zusatzbeiträge nicht nur in Höhe von € 8 – die bis zu dieser Höhe ohne Einkommensprüfung pauschal von allen Versicherten erhoben werden können – an, sondern solche bis zum maximalen Betrag von € 37,50 pro Monat !


    Der Zorn in der Bevölkerung ist bei diesem Verfahren nur zu verständlich, zumal zusätzlich Politiker der letzten grossen Koalition, die die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen haben, plötzlich an akutem Gedächtnisschwund leiden. Die „Bild“-Zeitung titelte dazu: „Die grosse Heuchelei!“ und schreibt: "Irgendwie typisch: Erst beschließen Politiker eine Reform – und dann wollen sie davon plötzlich nichts mehr wissen ... Im Streit um Zusatzbeiträge für Kassenpatienten rücken CSU und SPD immer stärker von ihren eigenen Beschlüssen ab!“


    Und das war es immer noch nicht: In verschiedener Hinsicht am verheerendsten ist, dass inzwischen sehr viele Krankenkassen u. a. gar nicht mehr legitimiert sind, von „ihren“ Mitgliedern Zusatzbeiträge anzufordern und sie das auch genau wissen, ebenso wie es einigen Gesundheitspolitikern bekannt ist – dazu unten gleich mehr. Zunächst jedoch zu dem in der breiten Öffentlichkeit bisher noch nicht bekannten Grund dafür.


    Seit einiger Zeit rollt eine Fusionswelle durch die gesetzliche Krankenversicherung, allein im Jahr 2009 waren deutlich über 20 Millionen Versicherte davon betroffen. Aufgrund der bisher übersehenen rechtlich herausgehobenen Schweigepflicht des § 203 des Strafgesetzbuches (StGB; „Verletzung von Privatgeheimnissen“), der auch bei Vereinigungen/ Fusionen gesetzlicher Krankenkassen anwendbar bzw. für deren verantwortliche Amtsträger einschlägig ist, sind alle bisher durchgeführten Fusionen juristisch nichtig !


    Das bedeutet nicht weniger als, dass die Vereinigungen von Anfang an keinerlei Rechtswirkungen haben und das unheilbar ! Dieses wiederum hat zur Folge, dass die Versicherten überhaupt nicht Mitglied der neuen Kasse werden und diese deshalb auch keine einzige (!) wirksame Entscheidung gegenüber „ihren“ Versicherten treffen kann, daher darf und kann sie etwa auch keine Zusatzbeiträge von ihnen fordern ! ...


    Die Rechtslage zu § 203 StGB ist eindeutig und seit vielen Jahren in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gefestigt. „Übersehen“ wurde eben „nur“, dass auch Fusionen in der gesetzlichen Krankenversicherung davon erfasst werden bzw. unter diese Vorschrift fallen. Unter der Geltung des § 203 StGB dürfen z. B. medizinische Daten als vom Gesetz so genannte Privatgeheimnisse nicht unbefugt offenbart werden.


    Unbefugt heisst, es gibt weder einen gesetzlichen Rechtfertigungsgrund dafür, noch gibt es eine Entbindung von der Schweigepflicht durch die Mitglieder, die die Übermittlung der Daten von ihrer alten Kasse an die neu entstehende Kasse erlauben würde. Und auch der Tatbestand der Offenbarung gemäss § 203 StGB ist erfüllt, denn bei Fusionen von zwei (oder mehr) Kassen zu einer neuen, werden die so besonders geschützten Privatgeheimnisse der Versicherten der einen Kasse zwangsläufig an die regelmässig mit übernommen werdenden Angehörigen – Mitarbeiter, Vorstände etc. – der jeweils anderen Kasse(n) offenbart, wobei es hier nicht einmal auf eine tatsächliche Kenntnisnahme ankommt, die Möglichkeit der Kenntnisnahme ist bereits ausreichend.


    Bei den bisher abgewickelten Fusionen wurden die Menschen von ihren alten Kassen nicht über ihre Rechte aus § 203 StGB informiert und nicht um die notwendige Zustimmung zur Transaktion ihrer Daten bzw. um die Entbindung von der Schweigepflicht gebeten. Sie wurden gar getäuscht, denn es ist ihnen bei diesem Verfahren suggeriert worden, dass sich für sie nichts ändern würde, dass ja alles ordnungsgemäss sei und sie keinerlei Mitwirkungs- oder sonstige Rechte im Zuge der Vereinigung hätten.


    Erstmals im Juli 2009 wurden die gesetzlichen Krankenkassen und ihre Verbände über dieses „Versäumnis“ bei Fusionen und die dadurch begangenen massenhaften Straftaten und die millionenfachen Verletzungen des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung sowie über die gewaltigen Folgen dessen informiert. Die „Reaktion“ war zunächst wochenlanges eisiges inhaltliches Schweigen.


    Erst als eine Bundestagsabgeordnete den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung um eine Stellungnahme bat, antwortete der im September 2009 kurz und knapp, bezeichnender- und selbstentlarvenderweise allerdings ohne auf den zentralen Punkt der Argumentation hier – nämlich die Schweigepflicht des § 203 StGB – auch nur mit einem einzigen Wort einzugehen. Der Spitzenverband behauptete zusammengefasst: Die neue Kasse werde gemäss des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) Gesamtrechtsnachfolgerin der alten und damit gäbe es keinerlei Probleme bei den Transaktionen.


    Schon das Schweigen zu § 203 StGB spricht Bände, aber der Spitzenverband konnte gar nichts anderes tun als das, weil sonst seine „Argumentation“ unübersehbar in sich zusammengefallen wäre. Denn die aus § 203 StGB resultierenden Rechte auf Verschwiegenheit bzw. auf die alleinige Verfügungsbefugnis der Versicherten darüber eine Entbindung von der Schweigepflicht zu erteilen, sind höchstpersönlicher Natur und in höchstpersönliche Rechte ist eine Rechtsnachfolge zwingend unmöglich ! Ein anschauliches grundsätzliches Beispiel dazu ist der Fall einer Erbschaft: Auch der Erbe ist Gesamtrechtsnachfolger und tritt in alle Rechte ein, jedoch mit der entscheidenden Ausnahme, dass er das unstrittig nicht in die höchstpersönlichen Rechte des Erblassers kann.


    Die vom Spitzenverband als einzig möglichen Ersatz für die fehlenden Einwilligungen der Versicherten in die Transaktionen vorgebrachte angebliche Gesamtrechtsnachfolge als Rechtfertigungsgrund für die Übermittlung der medizinischen Daten, ist also von vorneherein ein völlig untaugliches Mittel, um eine unbefugte Offenbarung der Privatgeheimnisse nach § 203 StGB zu verhindern. Eine neue Kasse kann z. B. in Miet- oder Leasingverträge von Gebäuden oder Fahrzeugen der alten Kasse nachfolgen, niemals aber in die so herausgehoben geschützten höchstpersönlichen Rechte der dort versicherten Menschen eintreten, bei der derzeitigen Gesetzeslage zu Fusionen in der GKV jedenfalls eindeutig nur mit deren Zustimmung.


    In diesem Rahmen hier müssen die Erläuterungen notwendig ziemlich gerafft sein. Wer mehr zu der „Sache“ insgesamt wissen möchte: Auf der unten genannten Website ist eine ausführlichere Dokumentation zu allen bisher erwähnten und den noch folgenden wesentlichen Punkten enthalten, in der auch auf deren aktuelle Entwicklung eingegangen wird.


    Und, es besteht kein Anlass zu ernsthaften Zweifeln, auch wenn vielleicht der Eine oder die Andere glauben mag, die Ausführungen zur Rechtslage auf den ersten Blick oder überhaupt nicht selbst beurteilen zu können: Man kann es inzwischen selbst ohne juristischen Sachverstand, einfach mit den menschlichen Sinnen erkennen, was diese „Sache“ ist, was sie schlicht sein muss.


    Denn auf der Homepage ist auch dokumentiert, dass ein Bundestagsabgeordneter, der – wie sich im Oktober 2009 herausstellte – zudem in unvereinbaren bezahlten Diensten einer gerade eine nichtige Fusion abgewickelt habenden Kasse steht, nicht nur log und täuschte, sondern dann im November auch noch obendrauf nachgewiesen und unwidersprochen Aussagen fälschte, sie als vom renommierten Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages stammend ausgab, um die massenhaften Straftaten und millionenfachen Grundrechtsverletzungen zu „rechtfertigen“ bzw. zu vertuschen ! Warum wohl macht er das?, es kann nur einen Grund geben ...


    Wer sich über die Zusatzbeiträge ärgert und etwa nicht nur darüber, sondern desweiteren sowohl das Verfahren der Kassen, als auch das der Politiker, die an besagtem akuten Gedächtnisverlust leiden, unerträglich findet, kann sich z. B. an seine Kasse und/oder Abgeordneten wenden und diese bitten, sich zu erklären, warum sie nicht wahrheitsgemäss informierte und keine Einwilligung anlässlich einer Fusion einholte etc. etc., oder die Politiker auffordern, in dieser „Sache“ tätig zu werden und zur Begründung dazu gerne diesen Text verwenden, ihn als Kopie beilegen oder auf ihn verweisen.


    Bei Fragen oder für weitere Informationen stehe ich gerne zur Verfügung, am schnellsten über folgende eMail-Adresse.


    Wolfgang Höhl, Lanzstr. 16, 65193 Wiesbaden


    [email protected]


    www.wolfganghoehl.eu (und/oder demnächst www.fusionsdesaster.de )