Nachfolgend mein Bericht vom 28.12.2009 an die:
Agentur für Arbeit
Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen
Abt. Kundenreaktionsmanagement
Postfach 10 10 40
40001 Düsseldorf:
Maßnahme Nr. 371-131-2009: „Service- und Kundenorientierung im beruflichen Alltag“
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit dem 15.10.2009 muß ich an der o. g. Maßnahme teilnehmen. Bildungsträger ist das Zentrum für Ausbildung und berufliche Qualifikation Oberhausen e. V. (ZAQ), Essener Straße 100, 46047 Oberhausen. Am 10.12.2009 habe ich beim ZAQ Ihren „Fragebogen für Teilnehmerinnen und Teilnehmer an beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen“ (Nr. BA I FW 218 – 10/04) erhalten.
Ich kann Ihren Fragebogen leider nicht ausfüllen, da Sie offensichtlich von falschen Voraussetzungen ausgehen.
Auf Seite 4 Ihres Fragebogens stellen Sie folgende Frage:
- Wenn ich noch einmal vor die Wahl gestellt wäre, dann würde ich mich für diesen Lehrgang
[INDENT][ ] wieder entscheiden.
[ ] nicht noch einmal entscheiden.
[/INDENT]
Ich habe mich nicht für den Lehrgang entschieden, sondern ich wurde von der Arbeitsgemeinschaft Soziale Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (ARGE SODA), Centroallee 277, 46047 Oberhausen, in den Kurs hineingezwungen.
Zur Zeit laufen mehrere solcher Maßnahmen beim ZAQ. Ein laufender Einstieg ist vorgesehen, so daß ständig neue Teilnehmer dazukommen und neue Kurse eröffnet werden. Dazu später mehr.
Ich habe den Kurs nun zur Hälfte abgeschlossen und erstatte Ihnen in freier Form Bericht:
Am 25.09.2009 hatte ich einen Termin im Jobcenter Sterkrade, Steinbrinkstraße 248, 46145 Oberhausen. Die Sachbearbeiterin, Frau A., schrieb in die neue Eingliederungsvereinbarung, daß ich die o. g. Fortbildung besuchen solle. Ich solle beim ZAQ einen Termin ausmachen.
Die Sachbearbeiterin gab mir eine Broschüre des Kurses mit (siehe Anlage 1). Ich wollte diesen Kurs nicht belegen, weil ich fast alle Themen beherrsche: Deutsch, Organisation des Arbeitsplatzes, Schriftverkehr, Umgang mit dem PC, Microsoft Office und Internet mache ich seit vielen Jahren aus dem Effeff! Ich bin ausgebildeter Informatiker!
Nur in Warenwirtschaft und Lagerhaltung kannte ich mich bisher nicht aus, aber was soll mir das in meinen Berufen als Informatiker und Busfahrer nützen?
Am 12.10.2009 sprach ich beim Jobcenter Sterkrade vor und wurde von Frau K. aufgerufen. Frau K. rief ihre Vorgesetzte, Frau L., an und erklärte mir, ich hätte die Eingliederungsvereinbarung unterschrieben und daher müsse ich jetzt auch den Kurs besuchen. Sonst werde meine Leistung gekürzt. Darauf sagte ich: „Dann werde ich die Zeit halt sinnlos absitzen.“ Dies quittierte Frau K. mit einem Schulterzucken.
Das Jobcenter Sterkrade ist also spätestens seit dem 12.10.2009 informiert, daß mir dieser Kurs überhaupt nichts nützt. Der Kurs kostet 2.952 EUR!
Interessanterweise steht in der Eingliederungsvereinbarung (siehe Anlage 2): „Sie suchen sich eine Weiterbildungsmaßnahme gemäß dem ... Bildungsgutschein ...“
Im Bildungsgutschein steht aber: „Bildungsziel: Busfahrer/in, Service- und Kundenorientierung im beruflichen Alltag.“
Das heißt, hier wird der Kurstitel (unterstrichen) bereits vorgegeben, so daß ich überhaupt keine Auswahl hatte! Der Bildungsträger (ZAQ) war hierdurch ebenfalls vorgegeben, da es bei keinem anderen Bildungsträger einen Kurs mit demselben Titel gibt.
In § 77 SGB III ist die Vergabe von Bildungsgutscheinen geregelt. Dort steht: "Der Bildungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional und auf bestimmte Bildungsziele beschränkt werden. Der vom Arbeitnehmer ausgewählte Träger hat der Agentur für Arbeit den Bildungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen." Das heißt, normalerweise wählt der Arbeitnehmer/Arbeitsuchende selbst einen Bildungsträger aus! Die ARGE SODA Oberhausen stellt dieses Prinzip auf den Kopf, indem sie die Arbeitsuchenden in den von ihr gewünschten Kurs bei dem von ihr favorisierten Bildungsträger (ZAQ) hineindrängt.
Im Unterricht wird zum Teil einfach Stoff der Sekundarstufe 2 behandelt wie Kurzgeschichten, Inhaltsangaben und Bildbeschreibungen. Aufgabenblätter kann ich Ihnen gerne übersenden. Ich habe auf dem Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Oberhausen das Abitur abgelegt, und Sie dürfen mir glauben, daß ich die geläufigen Themen des Deutschunterrichts beherrsche. Nach § 85 (4) SGB III dürfte eine Maßnahme, die Schulstoff vermittelt, überhaupt nicht für Bildungsgutscheine zugelassen sein.
Ich habe mich mit fast allen Teilnehmern meines Kurses unterhalten. Hierbei hörte ich immer wieder die gleiche Meinung: alle wurden gegen ihren Willen in den Kurs hineingezwungen. Die Kursteilnehmer fühlen sich wie unmündige Kinder behandelt, die die Schulbank drücken müssen. Daraus haben sie übrigens auch vor den Dozenten kein Hehl gemacht. Der Frust ist enorm, und viele Teilnehmer sind krank geworden.
Die Gründe, warum kein Interesse an der Fortbildung besteht, sind nicht immer die gleichen wie bei mir. Wir haben ca. 60jährige Reinigungskräfte im Kurs, die sich nicht mehr mit Datenverarbeitung beschäftigen möchten und denen das auch nichts nützt. Der Kurs ist ein bunt zusammengewürfelter Haufen von Menschen mit ganz verschiedenen Vorkenntnissen.
Es ist ein laufender Einstieg möglich, so daß die ARGE SODA Oberhausen ständig neue Teilnehmer in den Kurs einweist.
Zudem haben fast alle Kursteilnehmer eine angemeldete Nebenbeschäftigung (400-Euro-Job), der sie auch weiter nachgehen sollen. Über die Abwesenheitszeiten, wo die Schüler dem Nebenjob nachgehen, müssen sie einen Nachweis des Arbeitgebers vorlegen. Diese Zeiten sind natürlich für alle Teilnehmer unterschiedlich, so daß ein ständiges Kommen und Gehen herrscht und die Teilnehmer den Stoff gar nicht kontinuierlich verfolgen können. Sinnvoll wäre doch nur eine Regelung ähnlich dem dualen System der Berufsausbildung, wo zu festen Zeiten Unterricht ist (z. B. jeden Vormittag oder montags/dienstags ganztägig) und man zur restlichen Zeit seiner Arbeit nachgehen kann. Offenbar halten die ARGE SODA Oberhausen und das ZAQ es selbst nicht für nötig, daß die Schüler den Unterrichtsstoff verfolgen.
Vorgesehen sind maximal 39 Stunden pro Woche an Unterrichtszeit. Wenn ein Teilnehmer durch seinen Nebenjob nur 15 oder 20 Stunden anwesend sein kann, bezahlt er trotzdem die volle Kursgebühr. Das ist offensichtlich unökonomisch!
Infolge der hohen Abwesenheitszeiten durch Krankheit und Nebenjob hat das ZAQ jeweils zwei Kurse zu einem zusammengefaßt: Und zwar wurde meine Maßnahme 371/131/2009 mit der Maßnahme 371/140/2009 und die Maßnahme 371/118/2009 mit der Maßnahme 371/126/2009 zusammengeführt. Wohlgemerkt: für alle Teilnehmer wird die volle Kursgebühr von 2.952 EUR fällig!
Ich habe mir natürlich Gedanken gemacht, warum die ARGE SODA Oberhausen möglichst viele Teilnehmer zum ZAQ schicken möchte. Die ARGE SODA würde ihre Kunden sicher nicht zu einem x-beliebigen Bildungsträger in einer anderen Stadt schicken.
Die ARGE SODA Oberhausen wird zumindest zur Hälfte von der Stadt Oberhausen betrieben. Oberbürgermeister Klaus Wehling (SPD) ist oberster Verwaltungschef der Stadt Oberhausen. Damit ist er auch oberster Vorgesetzter der ARGE SODA.
Das ZAQ e. V. wurde 1982 auf Initiative des Sozialdezernenten der Stadt Oberhausen gegründet. Mitglieder dieses Vereins sind heute die Arbeiterwohlfahrt, der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Stadt Oberhausen. Oberbürgermeister Klaus Wehling ist gleichzeitig zweiter Vorsitzender des ZAQ. Erste Vorsitzende ist seine Parteigenossin, Bürgermeisterin Elia Albrecht-Mainz. Als Vereinsmitglied hat die Stadt Oberhausen naturgemäß ein großes Interesse am Gewinn des ZAQ.