Harz IV und Insolvenzgeld

  • Hallo Liebe Leute,
    vielleicht kann mir hier jemand helfen.


    In den letzten 10 Jahren war ich Geschäftsführer einer GmbH (einer von mehreren, kein Gesellschafter) da ich zwischenzeitlich auch ein eigenes Gewerbe hatte, war ich von der Sozialversicherung befreit, somit auch keine Arbeitslosenversicherung bezahlt.
    Aus dem Grund habe ich keinen Anspruch auf ALGI. ALGII Antrag wurde gestellt.
    In den letzten 5 Monaten erhielt ich kein Gehalt, und am 6.6.09 wurde die Firma Insolvent.
    Da in den letzten Monaten (Jahren) es der Firma immer schlechter ging, haben wir Netto mit meiner Frau zusammen ca. 1900 EUR verdient, abzgl. Wohnung 850 und mit zwei kleinen Kindern blieb nicht viel übrig am Ende des Monats.
    Somit hat sich vieles angestaut, und unser Vermieter hat Räumungsklage eingereicht.
    Nun nach einem langen Kampf bekamen wir das Insolvenzgeld für 3 Monate aus Vorschuss, 4.900 EUR – 2.000 an den Vermieter, 1.500 an die Eltern zurück, die uns zum Glück geholfen haben, mit dem Rest (bis auf 300 EUR) haben wir unsere Rechnungen bezahlt (Telefon geht wieder)
    Da ich Mitte Juli den ALG II Antrag gestellt habe und mit die „nette“ Dame mitgeteilt hat, dass es ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gezahlt wird, habe ich mich auf ihr Wort verlassen.
    Heute kam das böse Erwachen, beim Termin bei der Arge, sagte mir die Mitarbeiterin, dass ich kein ALG II bekomme, für 07/08 – 09, da wir ja diesen Monat Insolvenzgeld erhielten. Als ich Ihr erklärte das das Insolvenzgeld für die vergangenen Monate ist, in denen wir schulden machen mussten und diese damit teilweise bereinigt haben, ließ diese von Ihre Meinung nicht ab.
    Nun stehen wir mit 300 EUR da, mit der Offenen August Miete und immer noch mit der Räumungsklage am Hals.
    Das ich für November eine Arbeitsstelle zugesagt bekam, ist kein großer Trost, denn von diesen Schulden werden wir uns nicht schnell erholen, und ein Umzug steht wahrscheinlich auch noch an.
    Kann mir jemand sagen ob „altes“ Insolvenzgeld auf aktuelle Leistungen angerechnet werden darf??
    Danke im Voraus für Eure Antworten.

  • Hallo!


    Die Frage ist, für welche Monate nun genau Insolvenzgeld bezahlt wurde. Muss ja eigentlich auf dem Bescheid drauf stehen. Sofern es in der Tat für die Monate Juli und August ist, dann dann gibt es auch kein ALG2.

    Schrader


    Ich bin kein Arbeitsrechtler! Mein Wissen und meine Einschätzungen, welche ich hier von mir gebe, habe ich aus meiner beruflichen Erfahrung oder ganz einfach bei Google gefunden!

  • Hallo Zeep und willkommen im Forum,


    die Frage ist in der Tat, auf welchen Zeitraum sich die Insolvenzgeldzahlung bezieht.
    Insolvenzgeld wird in der Regel für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt des Insolvenzereignisses gezahlt. Insofern gehe ich davon aus, dass sich die Zahlung auf den Zeitraum vor Bezug des ALG II bezieht.


    Aber auch dann ist die Lage (leider) nicht ganz klar:


    Grundsätzlich (!) gilt bei der Einkommensanrechnung im Rahmen des ALG II das sogenannte Zuflussprinzip. Das heisst, Einkommen ist auf den Bedarf des Monats anzurechnen, in dem die Zahlung dem Leistungsempfänger zufließt - unabhängig davon, wann die Forderung oder - wie in diesem Fall - der Anspruch entstanden ist.


    Auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sieht die Anrechnung von Insolvenzgeld als Einkommen als rechtmäßig an (Az.: B 4 AS 29/08 R, Urteil vom Mai 2009).


    ABER: Die Bundesagentur für Arbeit hatte (bzw. hat) in den Weisungen zum ALG II den geschilderten Fall als Beispiel für das Vorliegen einer besonderen Härte bei der Anrechnung von einmaligen Einnahmen als Einkommen angesehen.


    Weisungen zu § 11 SGB II: Punkt 1.2.2 (7), Einmalige Einnahmen, Seite19


    Bisher folgte man dort der Argumentation, dass eine Anrechnung entfallen kann (!), wenn der Sinn und Zweck der bezogenen Leistung, also des Insolvenzgeldes, einer Anrechnung als Einkommen beim ALG II entgegensteht.


    Aufgrund der immensen wirtschaftlichen Bedeutung würde ich dazu raten umgehend einen Fachanwalt für Sozialrecht aufzusuchen um mit dessen Hilfe eine Einkommensanrechnung vermeiden zu können. Hierfür dürfte Dir bei jetztiger Einkommens und Vermögenslage wohl Beratungshilfe zustehen.


    Gruß


    Philipp

  • Die Weisung der BA (kommt von "Weise" oder weise sein) spricht von "besonderer Härte", es gibt auch den Ausdruck "unbillige Härte", beides sind Gummibegriffe, sprich Auslegungssache und da liegt der Hase im Pfeffer. Da hilft in der Tat ein "Fachanwalt", wenn der Beratungsschein "genehmigt" wird, auch hier legen die Amtsgerichte unterschiedliche Kriterien zugrunde und blocken gerne ab.

  • Sicher, der Begriff der "Besonderen Härte" ist ein sogenannter auslegungsbedürftiger Rechtsbegriff - mit anderen Worten: Mann kann trefflich drüber streiten, was darunter fällt und was nicht.


    Da die BA aber gerade das Beispiel der Insolvenzgeldzahlungen für Zeiträume vor dem ALG II Bezug anführt, denke ich dass es sich lohnt das ganze mal genauer zu betrachten und ggf. einen Versuch zu starten gegen den Bescheid vorzugehen.


    Sollte der Antrag auf Beratungshilfe abgewiesen werden gibt es auch hierfür (bzw. hiergegen ;) ) Rechtsmittel. Ggf. beantragt auch der Anwalt im Namen des Mandanten Beratungshilfe (vorher unbedingt absprechen!). Zum Thema Beratungshilfe & ALG II gibt es übrigens auch ein recht neues Urteil, dass die (leider) bei Amtsgerichten weit verbreitete Ansicht, ALG II sei so umkompliziert, dass jeder auch ohne Anwalt tätig werden könne, einschränken dürfte.


    Gruß


    Philipp

  • Ich danke euch vielmals für die Hilfe. Leider konnte ich mich nicht darum kümmern, bin wieder im Krankenhaus gelandet.
    Meine Frau hat einen Anwalt aufgesucht und ist mit ihm als Zeuge zum Arbeitsamt.
    Insolvenzgeld wurde beantragt für die Monate April, Mai, Juni und nun auch gezahlt zu 90%.
    Auch ALGII und sogar Schulzuschlag wurde bewilligt.
    Unser Rechtsanwalt hat die Dame darauf aufmerksam gemacht, das er sie persönlich Anzeigen wird wegen Körperverletzung, da sie uns unter einen enormen psychischen Druck aussetzt.
    ALG II wollte man vorerst nicht zahlen, weil wir unsere Kontoauszüge vorgelegt haben, und darin ist eine Rückzahlung an meine Mutter i.h.v. 1.500 EUR drin, wurde vom Insolv. Geld bezahlt und auch in den "leeren" Monaten geliehen.


    Aber schön zu wissen das das Amt und seine Schläfer doch etwas Angst vor den Gerichten haben.


    PS: Den Anwalt haben wir selbst bezahlt mit 300 EUR für 30 Min. Beratung und Amt - Termin. Stundensatz 200 EUR. Einen Teil davon holt er sich wieder und wird es erstatten. Das Geld war er in jedem Fall wert. Und wir bekamen einen Sonderpreis, da er für die Firma tätig war in der wir zuvor gearbeitet haben.


    Danke
    Gruß


    Zeep