Voller Urlaubsanspruch 400-Euro-Job nach 6 Monaten

  • Hallo,


    ich arbeite seit einem halben Jahr auf 400-Euro-Basis. Dass ich Anspruch auf bezahlten Urlaub habe, weiß ich. Die 6 Monate Wartezeit, die man laut Bundesurlaubsgesetz braucht, um den vollen Urlaubsanspruch zu haben, habe ich voll. Nun hatte ich einen Urlaubsantrag gestellt, und zwar wollte ich meinen vollen Jahresurlaub (24 Werktage) auf einmal nehmen. Mein Chef sagte mir dann allerdings, dass ich nach einem halben Jahr Arbeit auch erst Anspruch auf die Hälfte des bezahlten Jahresurlaubs hätte. Aus Sicht des Arbeitgebers ist es natürlich ein Risiko, den Urlaub vorher "herzugeben", denn es könnte ja passieren, dass das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des Jahres durch ihn oder den Arbeitnehmer beendet wird, und dann hätte er den Urlaub ja sozusagen verschenkt. Aber das Bundesurlaubsgesetz, das ja auch für Minijobs gilt, verstehe ich so, dass ich das Recht dazu habe, den vollen Urlaub vor Ablauf des ganzen Jahres zu nehmen, auch wenn der Arbeitgeber damit ein Risiko hat. Weiß jemand da genau Bescheid? Verstehe ich das Gesetz falsch oder habe ich Recht? Wie kann ich mich gegenüber meinem Chef durchsetzen? Über Antworten bin ich sehr dankbar. :D

  • Natürlich hast du nach Ablauf dieser Wartezeit Anspruch auf deinen vollen Jahresurlaub. Wie sollte das denn sonst gehen, wenn du erst die Hälfte erworben hättest? Soll dann jeder Arbeitnehmer zwingend den letzten Anteil seines JAhresurlaubs (nämlich mindestens den für Dezember) erst im folgenden Jahr nehmen können?


    Was dein Arbeitgeber sagt, ist völliger Schwachsinn. Natürlich ist das für ihn ein Risiko, aber das muss er eingehen, da du ein Recht auf deinen Urlaub hast. Sollte das Arbeitsverhältnis wirklich vorzeitig in die Brüche gehen, hat er Pech gehabt. Du würdest dann allerdings bei einer neuen Stelle keinen weiteren Urlaub für das Jahr mehr bekommen, da in der letzten Lohn- und Gehaltsabrechnung aufgeführt ist, wieviel Jahresurlaub du bereits genommen hast.


    Anders sieht es natürlich aus, wenn der Vertrag von vornherein auf weniger als ein Jahr befristet ist, dann kannst du nur soviel Urlaub nehmen, wie du maximal in der befristeten Zeit erwerben kannst.


    Hat dein Betrieb einen Betriebsrat? Wenn ja, wende dich an den. Wenn nicht, kannst du eventuell versuchen, einen Beratungsschein zu bekommen um mit anwaltlicher Hilfe deinen Anspruch durchzukriegen.


    Viel Erfolg!!!


    Jana

  • Also - ich komme aus dem RA-Bereich und ich kenne es (wie dein Chef) auch ausschließlich so, dass man zwar nach einem halben Jahr Tätigkeit Anspruch darauf hat, auch schon mal Urlaubstage zu nehmen - aber anteilig. Bitte zitiere uns doch möglichst kurzfristig den entsprechenden Absatz, also die Formulierung, aus der du dein Recht herleiten möchtest, genauer, ehe du dein neues Arbeitsverhältnis gleich durch (evtl.) ungerechtfertigte Forderungen trübst. Dann sehen wir weiter und wissen mal wieder etwas mehr.


    Gruß. Lirafe

  • Erstmal vielen, vielen Dank für eure Mühe! :)



    Anders sieht es natürlich aus, wenn der Vertrag von vornherein auf weniger als ein Jahr befristet ist, dann kannst du nur soviel Urlaub nehmen, wie du maximal in der befristeten Zeit erwerben kannst.
    Jana


    Der Vetrag ist mehr oder weniger genau auf ein Jahr befristet, endet genau einen Kalendertag früher als es angefangen hat. Hat dieser eine Tag eine Bedeutung?



    lirafe


    Den Inhalt des Bundesurlaubsgesetzes habe ich bei Wikipedia gefunden. Dort steht:
    "In den ersten sechs Monaten erhält der Arbeitnehmer pro vollem Monat des Beschäftigungsverhältnisses 1/12 des Jahresurlaubs, § 5 . Erst nach Ablauf der Wartezeit von sechs Monaten (§ 4 ) wird der volle Urlaubsanspruch erworben. Trotz des bereits entstandenen Urlaubsanspruchs wird vielfach in den ersten sechs Monaten eines neuen Arbeitsverhältnisses kein Urlaub beantragt. Die Wartezeit ist in einem Beschäftigungsverhältnis nur einmal zu erfüllen. In den Folgejahren steht dem Arbeitnehmer in jedem neuen Kalenderjahr der volle Jahresurlaub bereits am Jahresanfang zu."


    => http://de.wikipedia.org/wiki/Bundesurlaubsgesetz


    Vielen Dank für weitere Antworten!



    P.S.: Mein Chef meinte sogar, dass Festangestellte den Urlaub schon vorher nehmen können, aber 400-Euro-Jobler nicht...obwohl 400-Euro-Jobler doch im Bundesurlaubsgesetz genauso behandelt werden, wie normale Angestellte, oder? Macht für mich irgendwie den Eindruck von Willkür meines Chefs...

  • Also, da das zwispältig formuliert ist, würde ich hier immer auf Nr. "Sicher" gehen, also folgende, im Bundesurlaubsgesetzt festgehaltene Aussage werten:


    "In den ersten sechs Monaten erhält der Arbeitnehmer pro vollem Monat des Beschäftigungsverhältnisses 1/12 des Jahresurlaubs."


    Diese Aussage ist konkret und nicht Auslegungssache. Würde hier im Interesse meiner Zukunft denken, werten und handeln. Verloren geht dir so oder so nichts, auch wenn du deinen restlichen Urlaub später nimmst.


    Grüße aus dem Bundesland Brandenburg.
    Lirafe

  • Hallo lirafe,


    aber wo ist bitte schön die Auslegunssache, wenn da steht, "nach Ablauf der sechs Monate wird der volle Urlaubsanspruch erworben"???


    Das heißt doch, wenn ich sechs Monate und einenTag gearbeitet habe, darf ich meinen vollen Jahresurlaub nehmen. Außerdem: Wenn der Chef selber zugibt, dass Vollzeitler ihren kompletten Jahresurlaub zu dem Zeitpunkt nehmen dürfen, dann hat auch jeder 400 Euro-Jobber in diesem Betrieb auf jeden Fall Anspruch darauf, ganz egal, wie das Bundesurlaubsgesetz es wertet. Denn 400 Euro-Jobber dürfen gegenüber anderen Beschäftigten nicht benachteiligt werden und haben die gleichen Rechte!!!


    Wenn du aus dem RA-Bereich kommst, kannst du dann vielleicht zu dieser Situation auch Stellung nehmen? Wäre sehr hilfreich für uns anderen ...


    Danke und liebe Grüße,
    Jana

  • Jana1987
    Ich habe geschrieben:
    "In den ersten sechs Monaten erhält der Arbeitnehmer pro vollem Monat des Beschäftigungsverhältnisses 1/12 des Jahresurlaubs. Diese Aussage ist konkret und nicht Auslegungssache."


    Deine Aussage: "Das heißt doch, wenn ich sechs Monate und einenTag gearbeitet habe ..." kann jeder werten wie er will. Ich denke, im "Ernstfall", zu dem es hier ja hoffentlich nicht kommt, würde der Richter nur eine Augenbraue hochziehen und dich fragen, ob dies wirklich ein von dir ernstgemeintes Argument ist.


    Wie würdest du denn als Arbeitgeber entscheiden, der unter Umständen (sonst würde der Chef so nicht reagieren), die Erfahrung machen mußte, dass seine auf Zeit angestellten Leute nach von dir bezahlter Urlaubsnahme das volle Jahr nicht mehr zu Ende arbeiten?


    Und auf deinen letzten Satz kann ich nur antworten, dass - wenn alles so klar wäre, wie die Antwort, die du ggf. von mir erwartest, keine Anwälte mehr Arbeit hätten und keine Richter entscheiden müssten. Es ist ein hin- und her und es gibt - wie auch bei der Arge und sonstigen Behörden - immer viele Möglichkeiten, wie eine Entscheidung im Einzelfall ausfällt. Leider ist bei der Vielzahl unserer Gesetze und Gesetzeslücken immer alles so schwammig formuliert, dass es diskussionswürdig und Auslegungssache ist.

  • Danke nochmals für eure Antworten.


    Fakt ist, dass ich den vollen Urlaub nehmen möchte, weil ich eine größere Reise machen will, was ich meinem Chef auch gesagt habe. Ansonsten muss ich eben zwei Wochen unbezahlt nehmen, was finanziell für mich nicht gerade toll ist, weil ich leider zur Zeit wenig Geld zur Verfügung habe. Ihr habt beide irgendwie Recht, denn einerseits sagt das Gesetz "voller Urlaubsanspruch" und ich will mich auch nicht gegenüber anderen Mitarbeitern benachteiligen lassen. Andererseits weiß ich von anderen Rechts-Streitigkeiten, dass das Gesetz nicht immer eindeutig ausgelegt werden kann und wird. Wenn ich ehrlich bin, ist das Verhältnis zu meinem Chef sowieso nicht mehr das, was es sein sollte... Hatten schon mehrmals Schwierigkeiten, unter anderem wegen unbezahlten Überstunden und Krankheits-Tagen, die man mir erst nicht bezahlen wollte. Es würde mir also nicht unbedingt etwas ausmachen, es "drauf ankommen zu lassen". Die Attitude meines Chefs, dass die 400-Euro-Kräfte nur die Idioten vom Dienst sind, die eh nichts zu sagen und keine Rechte haben, nervt mich eh ziemlich an. Diese Masche ist in unserer Filiale leider Gang und Gebe, auch von Festanstellten gegenüber "Aushilfen" - die werden immer nur rumgeschickt, für jeden Mist verantwortlich gemacht, teilweise unfreundlich behandelt usw.. Und das obwohl die Aushilfen bei uns sehr viel Arbeit verrichten und es ohne sie kaum laufen würde. Komme mir da manchmal etwas versklavt vor und das akzeptiere ich so nicht, was ich auch schon oft deutlich gemacht habe, da ich kein Mensch bin, der alles in sich reinfrisst. Natürlich hab ich mich damit nicht unbedingt beliebter gemacht...aber ich bleibe mir wenigstens treu und lass' mich nicht so behandeln. Tja, so viel dazu...^^


    lirafe : Meinst du wirklich, dass das Gesetz in diesem Fall so schwammig formuliert ist? Denn mir erscheint die Formulierung "voller Urlaubsanspruch" eigentlich auch ziemlich eindeutig. Aber ich weiß ja, dass das immer so 'ne Sache ist.

  • Ehrlich gesagt, ist sehr Vieles zweideutig, wenn es nicht 100%ig konkret formuliert ist. Für deinen, also den hier vorliegenden Fall empfinde ich es deswegen nicht als eindeutig, weil zur endgültigen Sicherheit in die eine oder auch in die andere Richtung jeweils ein Zusatz fehlt. Zur Verdeutlichung, was ich genau meine: Bisher steht geschrieben: "vollen" Urlaubsanspruch... Es fehlt zur endgültigen Sicherheit, wie das ausgelegt werden muss entweder der Halbsatz "bisherher eworbenen" oder aber "Jahresurlaubsanspruch".


    Vielleicht rufst du einfach mal bei der Bundesknappschaft an und fragst nach. Die müßten das genau wissen und bestätigen dir die Auslegung vielleicht auch schriftlich. (wenn sie zu deinen Gunsten ausfällt. :-) . Service-Telefon: 0800 0200504 Mo - Fr 7.00 bis 19.00 Uhr. Müßte nach wie vor gebührenfrei sein. Dort werden Fragen rund um das Thema Minijob beantwortet.


    Aber so, wie du die Situation insgesamt in eurer Firma schilderst und unter dem Aspekt, dass du dann letztlich keinen "richtigen" Vertrag bekommst (das passiert mitunter, wenn man sich als Minijobber bewährt hat), wäre mir weiterer Stress auch egal und ich würde versuchen, das durchzusetzen. Meinst du, du würdest unbezahlten Urlaub bekommen? Auch das müßte der Chef ja genehmigen, und wenn es wegen dieser Sache jetzt schon Streß gab und so, wie du ihn schilderst, ist das wohl auch nicht sicher. Das Finanzielle ist eine andere Sache. Du könntest dann ja gegen Ende "durcharbeiten" und dir dann den Rest auszahlen lassen, so dass es sich letztlich wieder ausgleichen würde (funktioniert jedoch leider auch nur mit Zustimmung des Chefs).

  • So - also habe jetzt noch ein bisschen im I-Net gesucht. Die von dir zitierte Seite würde ich demnach auch so auslegen, wie du. Das einzige, was ich nicht fand, sind Zeitarbeitsverträge. Gib zu gegebener Zeit mal Bescheid, wie es weitergegangen ist.


    Gruß. Lirafe

  • So, da bin ich nochmal.


    Zuerst einmal hat die Minijob-Zentrale eine neue, kostenpflichtige Nr.: 01801 200 504 (Festnetzpreis 3,9 ct/Min). Mit der Frage wurde ich allerdings an das Arbeitsrecht-Info-Telefon "geschickt": 01805 67 67 13


    Es stimmt, dass Mini-Jobber das gleiche Recht haben wie "normale Angestellte", aber das wussten wir ja schon. Meinen gesamten Jahresurlaub kann ich allerdings erst nehmen, wenn ich in diesem Kalenderjahr 6 Monate gearbeitet habe. Das heißt, jetzt kann ich meinen Urlaub aus dem letzten Jahr und den ersten drei Monaten dieses Jahres nehmen (insgesamt 12 Werktage) und ich drei Monaten kann ich schon den gesamten restlichen Jahresurlaub von diesem Jahr nehmen, wenn ich will (also nochmal 18 Werktage, da ich ja dann 6 Tage schon genommen habe werde und man insgesamt 24 Werktage Urlaub im Kalenderjahr hat). Hoffe meine Beschreibung ist einigermaßen verständlich. Mein Arbeitgeber hat also Unrecht, wenn er sagt, dass ich immer nur den Urlaub nehmen kann, den ich schon erarbeitet habe. Die 6 Monate Wartezeit müssen also in einem Kalenderjahr erfüllt sein, aber nur einmalig. Ganz logisch erscheint mir das alles zwar nicht, aber es ist scheinbar so. Logisch wäre für mich, dass man einfach nur die Wartezeit erfüllen muss, unabhängig vom Kalenderjahr, weil die Wartezeit ja dazu dient, dass der Arbeitgeber sicher sein kann, dass der Angestellte nicht nur mal eben für 3 Wochen bei ihm arbeitet und dann seinen vollen Urlaub nehmen will. Ich hatte also nicht ganz Recht, aber auch nicht ganz Unrecht. Schriftlich bestätigen tun die einem das allerdings nicht, also die vom Info-Telefon. Muss das meinem Chef dann so erklären und sagen, dass ich da angerufen habe. Werde ihm die Nummer geben und sagen, dass er dort auch mal gerne anrufen kann.. :p


    Ob die Frau am Telefon nun wirklich Recht hatte, weiß ich auch nicht. Sie musste selber nachgucken und schien sich nicht ganz sicher. Wenn man sich die beiden Gesetzesauszüge mal anguckt, finde ich, dass sie sich irgendwie widersprechen.


    http://bundesrecht.juris.de/burlg/__4.html
    http://bundesrecht.juris.de/burlg/__5.html


    Der eine sagt, nach 6 Monaten Wartezeit hat man den vollen Urlaubsanspruch, der andere bringt das Kalenderjahr ins Spiel, aber leider auch in sehr schwammiger Formulierung, wie ich finde. :confused: Bezieht sich "in diesem Kalenderjahr" auf die Wartezeit oder auf den Urlaubsanspruch? Die deutsche Sprache ist zuweilen sehr verwirrend, obwohl sie so viel Grammatik und Formulierungen besitzt. Eure Interpretationen dieser beiden Auszüge würde mich sehr interessieren... :cool: