Wohnen in keiner Bedarfsgemeinschaft

  • Hallo :)


    Ich hoffe hier finde ich Rat und Hilfe
    Ich bin Alg 2 Empfänger, wie oft darf meine Freundin bei mir sein, hier schlafen und den Tag verbringen. Wie viel persönliche Sachen darf sie in meiner Wohnung deponieren ohne das das JC sagt wir wären eine BG.
    Gibt es dafür ein Gesetz.?
    Meine Freundin hat eine eigene Wohnung und ich auch . Trotzdem hab ich das JC am Hacken weil sie uns immer noch als BG sieht, die wir NIE geführt haben.
    Ich fühle mich momentan etwas ausgelaugt und kraftlos, denn immer ich führe einen Kampf gegen Windmühlen. Da will mir das JC aufzwingen wie und mit wem ich zu leben habe, nur weil wir bin vor 2 Monaten eine wohnung geteilt hatten als WG ( was nicht anerkannt wurde und wofür ich seit 5 Jahren schon vor Gericht kämpfe.)
    Aus diesem Grund und damit ich auch die volle MIete bekomme haben wir jetzt 2 Wohnungen aber das JC berechnet uns immer noch als BG.


    Ich hoffe ihr könnt mir raten oder mir gesetze aufzeigen, wo definiert ist wie oft und wie weit meine ´Freundin bei mir sein darf.


    danke und lg
    Wolfbbaer

  • Hallo zusammen!


    Es ist doch immer wieder schön zu sehen, mit welchem großartigen Einsatz Menschen einander aufopferungsvoll in Ihrer knapp bemessenen Freizeit Hilfe leisten. Wunderbar! Deshalb ein ganz dickes Lob an meine Vorredner!


    Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Wolfbaer wider erwarten nicht warten möchte, bis ein Gericht irgendwann einmal den Rest klärt, hier ein paar ergänzende Hinweise:


    Selbstverständlich stellt sich Deine Frage gerade deshalb, weil Deine Freundin Deine Freundin ist. Und selbstverständlich gibt es in der Bundesrepublik Deutschland ein Gesetz, das Dir bei der Beantwortung Deiner Frage weiterhilft. In dem Gesetz steht, wer unter welchen Umständen zu einer Bedarfsgemeinschaft gehört. Und es ergibt sich aus diesem Gesetz sogar, dass und unter welchen Voraussetzungen deine Freundin 24 Stunden täglich 365 Tage im Jahr bei Dir sein kann, ohne zu Deiner Bedarfsgemeinschaft zu gehören. Das ist bei Personen, die nicht miteinander verheiratet oder in einer Lebenspartnerschaft miteinander verbunden sind, sogar der gesetzliche Normalfall.


    Das Gesetz ist das Zweite Buch des Sozialgesetzbuches = SGB II, konkret § 7 SGB II.


    Dein Jobcenter hat offensichtlich übersehen, dass Deine Freundin gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II nur dann zu Deiner Bedarfsgemeinschaft gehören kann, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:


    a) Deine Freundin muss mit Dir in einem gemeinsamen Haushalt leben
    b) und zwar so, dass der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.


    Nachdem deine Freundin ausgezogen ist, fehlt es schon an der ersten Voraussetzung. Ihr lebt nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt. Da kann Dich Deine Freundin so oft und so lange besuchen, wie sie will. Und sie kann selbstverständlich auch bei Dir pennen, ihre Zahnbürste und ihre Wäsche zum Wechseln bei Dir lassen usw. Wenn sich durch die Anmietung der neuen Wohnung aber eigentlich nichts geändert hat, dann könnte man trotz der zweiten Wohnung schon auf die Idee kommen, dass ihr weiterhin einen gemeinsamen Haushalt führt. Beweisen ließe sich dies im Zweifel aber wohl nicht. Ebenso wenig die besuchsweise Aufnahme in Deine Wohnung von mehreren Wochen, was ungeachtet der Frage der Bedarfsgemeinschaft Konsequenzen für den Leistungsbezug haben könnte.


    Letztlich spielt das für die Frage des Vorliegens einer Bedarfsgemeinschaft aber keine entscheidende Rolle. Denn selbst wenn ihr in einem gemeinsamen Haushalt leben würdet, müsstet ihr das – als zweite Voraussetzung – so tun, dass der Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Diese Worte hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber in die Feder diktiert. Die Anforderungen hierfür sind sehr streng. Da reicht es nicht, ein gemeinsames Bett anzuschaffen und eine Waschmaschine. Man muss eben auch bereit sein, füreinander zu sorgen und zur Not den Lebensunterhalt des Partners mit zu bestreiten. Wenn man das nicht will, dann steht man nicht in letzter Konsequenz füreinander ein.


    Dies bedeutet: Wenn ein (unverheiratetes) Paar zusammenlebt, aber in letzter Konsequenz nicht füreinander einsteht, dann besteht auch keine gemeinsame Bedarfsgemeinschaft.


    Wie das bei Euch ist, weiß ich selbstverständlich nicht. Aber wenn Deine Freundin sagt: „Das Wolfbärlie ist supertoll, ich liebe ihn, der Sex ist spitzenklasse, er hört mir immer so wundervoll zu und ich bezahle ihm auch gerne mal das Abendessen beim Italiener. Aber durchfüttern, womöglich noch seine Schulden bezahlen, nein, soweit geht die Liebe nicht.“ Dann ist das so, wenn dies auch den Tatsachen entspricht. Und dann lebt ihr nicht so in einem Haushalt, dass die Annahme gerechtfertigt wäre, dass ihr wechselseitig (also jeder für den anderen) füreinander einstehen würdet.


    Wenn sie aber sagt, für Wolfi mache ich alles, und auch den letzten Groschen teilen wir, und Du siehst das umgekehrt ebenso, tja, dann sieht es anders aus: Dann wäret ihr eine Bedarfsgemeinschaft (wenn auch die Voraussetzung a) erfüllt wäre).


    Das alles gefällt dem Gesetzgeber aber gar nicht. Er hat deshalb in das Gesetz (§ 7 Absatz 3a SGB II) geschrieben, dass ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet wird, wenn Partner


    1. länger als ein Jahr zusammenleben,
    2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
    3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
    4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.


    Aber auch diese (abschließende) Auflistung zeigt, dass jedenfalls in Deiner aktuellen Lebenssituation die Einbeziehung Deiner Freundin in Deine Bedarfsgemeinschaft nicht gerechtfertigt ist. Das Jobcenter handelt rechtswidrig, wenn es dies gleichwohl tut (obwohl die Punkte 1 bis 4 nicht vorliegen, was ich aufgrund Deiner Angaben, auch im Hinblick auf Nr. 4, einmal unterstelle).


    Ich empfehle Dir daher, gegen einen ggf. zwischenzeitlich ergangenen (Änderungs-) Bescheid des Jobcenters Widerspruch einzulegen oder – wenn die Widerspruchsfrist bereits abgelaufen sein sollte – eine Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu stellen.


    Zwar werden Bescheide, die während eines laufenden Widerspruchs- bzw. Klageverfahren ergehen, Gegenstand des entsprechenden Rechtsbehelfsverfahrens. Aber gibt es hier doch einige verfahrensrechtliche Besonderheiten. Und sicher ist sicher. Schon im Hinblick auf die aufschiebende Wirkung eines Widerspruches. Und es gibt dann keinen Zweifel, dass Du die aktuelle Berücksichtigung Deiner Freundin als Mitglied Deiner Bedarfsgemeinschaft gerade auch im Hinblick auf die geänderten Verhältnisse – ihren Auszug – nicht akzeptierst.


    Noch zur Ergänzung: Die obige Auflistung (§ 7 Absatz 3a SGB II) zeigt nur auf, wann vermutet wird, das Partner Verantwortung füreinander tragen und füreinander einstehen. Das heißt: Es muss nicht so sein. Du kannst diese Vermutung auch widerlegen. Und wenn die Vermutung widerlegt ist, dann kann Deine Freundin auch länger als ein Jahr mit Dir zusammen leben, ohne Mitglied Deiner Bedarfsgemeinschaft zu werden/zu sein!


    Und schließlich noch ein Hinweis: Das Deine Freundin nicht zu Deiner Bedarfsgemeinschaft gehört, bedeutet nicht, dass Du die volle Miete für deine Wohnung als Bedarf anerkannt bekommst. Wenn Ihr – mit oder ohne zweiter Wohnung – tatsächlich in der Wohnung zusammen lebt, dann erhältst Du – selbstverständlich – auch nur den hälftigen Mietanteil als Bedarf anerkannt.


    Deshalb ist es nicht unbedingt nötig, eine zweite Wohnung anzumieten. Das ist, bezogen auf die Mietkosten, im Zweifel eher ein Minusgeschäft. Denn ein halber Mietanteil ist in der Regel günstiger als die gesamten Kosten für eine eigene Wohnung Deiner Freundin.


    Gerechtfertigt – aber nicht nötig (siehe oben) – wäre ein Umzug nur dann, wenn Deine Freundin einen so genannten Einkommensüberhang hätte, der Dir als bedarfsdeckendes Einkommen auf Deinen Hilfebedarf angerechnet würde (übrigens auch dann, wenn Deine Freundin Dir den Einkommensüberhang nicht zur Verfügung stellen sollte, denn darauf kommt es nach unserer Sozialgesetzgebung nicht an!!!!!).


    Wenn aber auch Deine Freundin hilfebedürftig sein sollte, ist es letztlich egal, ob ihr als Bedarfsgemeinschaft behandelt werdet oder nicht. Finanzielle Nachteile hättet ihr dadurch nicht.


    Gruß
    P.

  • Und mein Vorredner übersieht offensichtlich, dass es durchaus auch Entscheidungen gibt, die trotz zweier Wohnungen eine BG bestätigen. Die zweite Wohnung nennt sich dann "Scheinwohnung".


    Wie man aus der dünnen Beschreibung des TE irgendwas herauslesen will um es anschließen UMFASSEND beantworten zu können (dessen ungeachtet, dass es wohl einseitig schön gefärbt sein dürfte, was man erfährt), den Blödsinn geb ich mir bestimmt nicht.


    Im Übrigen kann man 20.000 Fakten, Urteile, Rechtsmeinungen etc. zusammentragen. Entscheiden tut das Sozialgericht nach eigenem Gutdünken.

  • Und mein Vorredner übersieht offensichtlich, dass es durchaus auch Entscheidungen gibt, die trotz zweier Wohnungen eine BG bestätigen. Die zweite Wohnung nennt sich dann "Scheinwohnung".


    Habe ich etwas anderes behauptet? Erst lesen. Dann denken. Dann antworten.


    Im Übrigen kann man 20.000 Fakten, Urteile, Rechtsmeinungen etc. zusammentragen. Entscheiden tut das Sozialgericht nach eigenem Gutdünken.


    Gerichte entscheiden bei uns - zum Glück - nach Recht und Gesetz. Nicht nach Gutdünken. Ein wesentlicher Unterschied zu so manchem Jobcenter!

  • Dann warst du wohl noch nicht oft vor Gericht. Aber du darfst "Gutdünken" natürlich in "richterliche Unabhängigkeit" umdeuten, wenn dir das besser gefällt.


    Übrigens wollte der TE ein Gesetz genannt haben, in dem steht, wie lange die Dame bei ihm sein darf und welche Sachen von ihr dort deponiert sein können, damit es keine BG ist. Es ist ja nett, dass du ihm begreiflich machen willst, was § 7 Abs. 3 SGB II regelt. Das wird ihm nur schlichtweg nicht helfen. Dessen ungeachtet, dass bloße Lippenbekenntnisse, dass man nicht füreinander einstehen will, nicht ausreichen. Aber davon hast du eh keine Ahnung. Wie so oft.


  • Übrigens wollte der TE ein Gesetz genannt haben, in dem steht, wie lange die Dame bei ihm sein darf und welche Sachen von ihr dort deponiert sein können, damit es keine BG ist. Es ist ja nett, dass du ihm begreiflich machen willst, was § 7 Abs. 3 SGB II regelt. Das wird ihm nur schlichtweg nicht helfen. Dessen ungeachtet, dass bloße Lippenbekenntnisse, dass man nicht füreinander einstehen will, nicht ausreichen. Aber davon hast du eh keine Ahnung. Wie so oft.


    Tja, mit der Ahnung ist das so eine Sache!


    Wenn Du den Beitrag aufmerksam und unvoreingenommen gelesen hättest, wurdest Du erkannt haben, dass ich durchaus deutlich gemacht habe, wer was wann zu beweisen hat.


    Und Du hättest erkannt, dass ich durchaus das Für und Wider angesprochen habe - soweit es nach den Angaben des "TE" (!?) möglich und sinnvoll war.


    Und Deine Mutmaßungen zu meiner (Berufs-) Erfahrung - gerade vor oder bei Gericht - sind gelinde gesagt gewagt.


    Aber wir sollten es dabei belassen. Wir wissen, was wir voneinander zu halten haben. Und die Leser werden auch verstanden haben, dass wir uns nicht mögen. Überlassen wir es ihnen, wem sie folgen möchten.


    In kollegialer Hochachtung
    P.

  • Nun Phillip,


    du hast recht, ich muss mich entschuldigen. Dein Beitrag gefällt mir nach näherem Lesen sehr gut. Es tut mir leid, ich habe vorschnell reagiert.


    Allerdings möchte ich dich in einem korrigieren, nämlich, dass die Aufzählung in § 7 Abs. 3a SGB II abschließend sei. Die Aufzählung selbst ist zwar abschließend, nicht jedoch, dass nur bei Vorliegen eines oder mehrerer dieser Tatbestände eine BG vermutet werden darf. Das Bundesverfassungsgericht führt dazu folgendermaßen aus (zum Fall einer vermuteten BG aufgrund Schwangerschaft):


    Zitat

    Dass eine Einstandsgemeinschaft auch dann angenommen werden kann, wenn kein Vermutungstatbestand im Sinne von § 7 Abs. 3a SGB II erfüllt ist, lässt sich ohne Schwierigkeiten mit Hilfe gängiger Auslegungsregeln beantworten (vgl. BVerfGE 81, 347 <359> ). Nach Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 3a SGB II zählt diese Vorschrift Vermutungstatbestände auf, bei deren Vorliegen von einem wechselseitigen Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, auszugehen ist. Dies schließt nicht aus, dass auch aus anderen Gründen auf eine vorliegende Bedarfsgemeinschaft geschlossen werden kann. Bereits nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c SGB II ist unabhängig von einem Vermutungstatbestand nach § 7 Abs. 3a SGB II eine „verständige Würdigung“ aller Umstände vorzunehmen, so dass nach dem Willen des Gesetzgebers auch andere äußere Tatsachen das Vorliegen einer Einstandsgemeinschaft begründen können (vgl. BTDrucks 16/1410, S. 19 zu Nr. 7 Buchstabe b).


    https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2009/05/rk20090505_1bvr025509.html