Nach 100% Sanktion weitere 100% Sanktion?

  • Hi,


    kurze Vorgeschichte: Ich wurde im September bei meinem Arbeitgeber gekündigt und bekam daraufhin nun von Dez - Feb 16 eine 100% Sanktion (diese ist für mich aufgrund der Rechtslage auch verständlich und habe ich akzeptiert).


    Nun hatte mich meine Bearbeiterin (U25) in eine sogenannte Maßnahme per Verwaltungsakt gesteckt, weil ich mich weigerte die Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben. Diese Maßnahme war am 05.01. zu Ende. Ich hatte zwar zwei Abmahnungen in dieser Maßnahme, hatte es aber durchgezogen.


    Nun setzte ich mich am 06.01. erneut mit meiner Bearbeiterin zusammen und sie meinte, dass es gut wäre, wenn wir die Maßnahme verlängern würden. Ich sagte ihr, dass diese Maßnahme mir nichts bringt, da ich vor kurzem auch einen Todesfall in der Familie hatte, psychisch momentan sowieso total neben der Spur bin und ich, wie es bisher auch immer der Fall war, auch ohne eine Maßnahme wieder Arbeit finden würde. Sie meinte dann, dass es in dieser Maßnahme auch eine Psychologin gäbe, bei der wir auch gleich einen Termin gemacht haben. Blöderweise habe ich dann eine Eingliederungsvereinbarung unterschrieben, weil wir ein gutes Gespräch hatten und ich der Meinung war sie hat Verständnis für meine Situation und möchte mir helfen.


    Nach meinem 2 stündigen Gespräch mit der Psychologin sagte diese mir, dass es wahrscheinlich besser wäre, wenn ich die Maßnahme wirklich machen müsse, auf "Teilzeit" (1-2h pro Tag, normal 9h) zu verkürzen. Für mich war das in Ordnung, da ich ohnehin täglich auch ohne Maßnahme 1-2 Stunden für Stellensuche und Bewerbungen investiere.


    Am nächsten Tag ging ich wieder zu meiner Bearbeiterin und erzählte ihr von dem Gespräch mit der Psychologin. Sie war wie ausgewechselt und sagte mir, dass eine Verkürzung nicht möglich sei, weil ich ja fit aussehen würde und sie noch nie schriftlich eine psychische Erkrankung von mir bescheinigt bekam. Ich war natürlich unzufrieden mit dieser Situation und erschien in den nächsten Tagen nicht in der Maßnahme (die Chefin der Maßnahme war mit der Verkürzung auch einverstanden, nur die Bearbeiterin hat scheinbar die "Macht"). Ich erhielt die Kündigung und solle mich schnellstmöglich beim Jobcenter melden.


    Wie kann das sein? Die Bearbeiterin kennt mich kaum, sagte mir sogar in unserem Gespräch das die Maßnahme eigentlich nicht wirklich Sinn macht, wenn ich vom Kopf her zur Zeit sowieso nicht in der Lage wäre zu arbeiten, aber ich müsse trotzdem hin, damit ich einen vernünftigen Tagesrhytmus hätte etc.
    Die Psychologin und Chefin der Maßnahme waren beide meiner Meinung, aber weil meine Bearbeiterin, die keine Ahnung hat, was ich zurzeit durchmache, bestimmt das dann einfach?


    Droht mir nun eine weitere 100% Sanktion wegen der Kündigung oder gibt es da erstmal 10%? 30? Kenne mich da überhaupt nicht aus?
    Und: Kann ich da irgendwie gegen vorgehen, auch wenn ich die Eingliederungsvereinbarung unterschrieben habe?


    Vielen Dank im voraus für hilfreiche Antworten!


    Gruß Marcel

  • 1. Ja, es droht in diesem Falle sogar eine 3-monatige Totalsanktion, also Regelleistung plus KdU, da wiederholte Pflichtverletzung innerhalb eines Jahres.
    2. Du kannst den Sanktionsbescheid mit Widerspruch anfechten.

  • Autsch, da ist ja einiges schief gelaufen aus Unerfahrenheit.


    Als aller Erstes würde ich umgehend zu einem Phychologen gehen und mich wegen eines Nervenzusammenbruchs krankschreiben lassen.
    Erzähle ihm von dem unverarbeiteten Todesfall und der Schikane seitens des JC in Bezug auf die Maßnahme, (Ablehnung der Teilzeit trotz Empfehlung der Psychologin und der Maßnahmenleitung) und der damit verbundenen Existenzbedrohung durch Sanktion.


    Hast Du schon eine Anhörung oder einen Sanktionsbescheid in dieser Angelegenheit bekommen?
    Wenn ja, unbedingt Widerspruch einlegen und Antrag auf Aussetzung des Sanktionsverfahrens stellen.
    Begründung:
    Mit seiner Entscheidung vom 27.05.2015, Az.: S 15 AS 5157/14 hat das Sozialgericht Gotha die Verfassungsmäßigkeit der Sanktionen nach §§ 31a, 31b SGB II angezweifelt und in mündlicher Verhandlung am 27. 05 2015 beschlossen, dass das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG vorgelegt wird.


    Das Sozialgericht Gotha vertritt die Auffassung dass die §§ 31a, 31b SGB II das Grundrecht nach Art. 1, 2, 12 GG verletzten.


    Insbesondere sieht das Sozialgericht Gotha durch Sanktionen das Grundrecht der
    Menschenwürde (Art. 1 GG), das Recht der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG), sowie die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) verletzt


    Die natürliche Person XXXX XXXX beantragt die Aussetzung des Verfahrens gem. § 114 SGG, bis Entscheidungen durch das Bundesverfassungsgericht getroffen sind. Sollte das Bundesverfassungsgericht ebenfalls der Auffassung sein, das Sanktionen verfassungswidrig sind, sind die Sanktionen zurückzunehmen und eventuell einbehaltennen Sanktionsbeträge auszuzahlen. Diese sind selbstverständlich nach § 44 Abs. 1 SGB I zu verzinsen.


    Generelles:


    1. Niemals eine Eingliederungsvereibarung sofort beim Jobcenter unterschreiben, jedoch auch auf keinen Fall diese Verweigern.
    Verweigert man den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung von vorn herein, bekommt man diese ansonsten per Verwaltungsakt aufs Auge gedrückt.
    Danach streicht man zu Hause Dinge die einem nicht gefallen aus der EGV heraus und unterschreibt mit "Unterschrift unter Vorbehalt der rechtlichen Prüfung" Da die JCs gerne Unterlagen verbummeln, bringe ich die EGV immer persönlich zurück und lasse mir das quitieren..
    Somit hat der Sachbearbeiter seine Unterschrift und kann daraus keinen Verwaltungsakt mehr machen.
    Vor Gericht gilt diese Unterschrift jedoch als nicht geleistet, da unter Vorbehalt.


    2. Wenn man eine Maßnahme nicht mitmachen will, dann geht man da trotzdem hin und bekommt eben nach 1 Stunde fürchterliche Kopfschmerzen oder so und muss zum Arzt. Mit einem gelben Schein darf das JC Dich nicht sanktionieren.


    Ich wünsche Dir viel Kraft ;)

  • Ein Vertrag, der unter Vorbehalt geschlossen wird, ist gem. § 154 BGB nichtig, korrekt. Die Konsequenz ist, dass du einen Verwaltungsakt bekommst, Schlaumeier. Das Jobcenter lernen auch dazu und lassen sich durch jahrelang im Internet geposteten "Tipps" von Faulenzern nicht mehr ins Boxhorn jagen.