Liebe Forengemeinschaft,
auch ich wurde von Jobcenter-MitarbeiterInnen mehrfach (!) falsch informiert und habe deswegen einen Monat lang - das sind bei mir ca. 960 € inkl. GEZ und "freiwilliger" Pflichtversicherung bei der gesetzlichen Krankenkasse - keine mir mMn zustehende Hartz IV - Leistungen rückwirkend erhalten. Ausschlag gebend für meine Problem war eine Erstberatung an den Tischen unten im Jobcenter und, wie sich später herausstellen sollte, kein offizielles Erstgespräch bei einem Direktvermittler. Dabei hatte ich mich zunächst gutgläubig auf eine mündliche Zusage verlassen, die nicht eingehalten werden konnte. Kann man dagegen Widerspruch einlegen bzw. gibt es schon eine Sammelklage in solchen Fällen?
Mein Fall in der Chronologie und im Detail (Jobcenter Wuppertal-Oberbarmen):
1. 13.01.2015: Erstantrag-Stellung nach Kündigung einer Festanstellung zum 31.12.2014, Einreichung der fehlenden Unterlagen eine Woche später.
2. 10.02.2015: Brief vom Jobcenter mit Nachforderungen.
3. 17.02.2015: Ablehnung meines Antrags am aufgrund meiner Vermögensverhältnisse.
4. 20.02.2015: Einreichung eines Widerspruchs meinerseits.
5. 17.04.2015: Brief der Rechtsabteilung mit nur teilweiser Ablehnung, weil eine meiner beiden privaten Rentenversicherungen bei einer (Teil-)Verwertung unwirtschaftlich sei (damit hatte ich gerechnet) --> Eingrenzung der Sperrfrist bis 30.04.2015.
6. 18.06.2015: Erneutes Vorsprechen in der Beratungsstelle zum Bezug auf Hartz IV ab 01.06.2015 (zu diesem Zeitpunkt war ich zwar noch liquide, aber wieder unter der Vermögensfreigrenze) --> Erstberater: nach Einsicht des Widerspruchsbescheids meint er, ich müsse nur einige Unterlagen nachreichen, die wesentliche (finanzielle) Veränderungen beinhalteten, dann telefonische Rückversicherung mit meiner zuständigen Sachbearbeiterin der Leistungsabteilung (mir zu diesem Zeitpunkt unbekannt) --> ich müsse mich um nichts kümmern, sodass der Berater mir kurzerhand mit einem Strahlen im Gesicht verspricht, dass das Geld für die Monate Mai bis Juli im Laufe der ersten Juliwoche auf mein Konto überwiesen würde (Überschreitung der Kompetenz- bzw. Verantwortlichkeit?) = wiegt mich in falscher Sicherheit.
7. 14.07.2015: Vorsprechen im Jobcenter, nachdem immer noch keine Leistungen auf mein Girokonto geflossen waren, zunächst in der Erstberatung: Mitarbeiterin sichtlich überfordert, sodass der Kollege, der mir die falsche Zusage gemacht hatte, dazu kam und sein Vorgehen rechtfertigte --> Direktvermittlungsgespräch im 2. OG --> die zuständige Mitarbeiterin schickt mich nach 20 Minuten leerlaufendem Gespräch endlich zu meiner Sachbearbeiterin, nachdem sie skeptisch werdend herausgefunden hatte, wer nun eigentlich meine Akte besitzt (hallo?!?) --> zuständige Sachbearbeiterin: wiegelt ab, alles kein Problem, in dem Widerspruchsbescheid lese sich eindeutig heraus, dass ich rückwirkend zum 1. Mai die Hartz IV Leistungen erhielte. Sie meinte sogar, ihre sowie die Meinung von Ihnen als Vorgesetzten spiele gar keine Rolle (am Telefon wenige Tage vorher meinte er zu mir, es ginge nicht), weil die Rechtsabteilung ja eindeutig entschieden hätte --> Ich würde bereits in den nächsten Tagen rückwirkend die Leistungen für die Monate Mai und Juni erhalten --> das Formular für einen Weiterbewilligungsantrag gebe ich bereits zwei Tage später mit den zunächst geforderten Unterlagen ans Jobcenter zurück.
8. 15.07.: Brief von meiner Sachbearbeiterin: fehlende Unterlagen, die nachzureichen seien (ein Nachweis des Nichtbezugs von Arbeitslosengeld I, den ich eigentlich schon im Januar in Kopie mit abgegeben hatte sowie die Nachweise des Vermieters zur Mietwohnung und das Formular VM) --> einen Tag später dann die Kehrtwende: Formulare per Post zu einem kompletten Neuantrag, völlig unbegründet und nicht nachvollziehbar.
9. 31.07.2015: Telefonat mit einer Kollegin, die sich als neu für mich zuständige Sachbearbeiterin der Leistungsabteilung vorstellte --> Ihre Vorgängerin wäre nicht mehr zuständig und "Fluktuation gebe es ja in jedem Unternehmen" - verrückt (!), denn in jedem privaten Unternehmen erhalte ich auch kulante und serviceorientierte Entscheidungen mit Kundenbindung! Der Weiterbewilligungsantrag sei vom Vorstand abgelehnt worden und ein Neuantrag rückwirkend erst zum 01.07.2015 möglich... Daraufhin schreibe ich meinen ersten Beschwerdebrief an den Vorgesetzten der Leistungsabteilung.
10. 11.08.: Rückantwort des Vorgesetzten am --> Ich hätte ab dem 1.5. ja wieder Leistungen nach SGB II beantragen können (steht im Widerspruchbescheid der Rechtsabteilung vom 17.04.). Vorsprache am 14.07. bei der Direktvermittlerin und anschließend zuständigen Sachbearbeiterin sei korrekt gewesen. Bedauern der Irritationen in Gesprächen in der Geschäftsstelle. Leistungen würden nur zum Monat der Antragstellung erbracht... --> Ja, soweit und so schön (blöd), denn ich hatte ja bei erneuter Hilfebedürftigkeit im Juni gedacht, vorgesprochen zu haben, aber ich wurde mit falscher Gewissheit, mich um nichts weiter kümmern zu müssen, von der Erstberatung wieder nach Hause geschickt. Ich bin also davon ausgegangen, dass der Fall bearbeitet wird und habe vergeblich auf eine schriftliche Bestätigung bzw. die Überweisung der Leistungen auf mein Girokonto gewartet, und dann war plötzlich Juli und ein Monat verloren!
11. 06.08.: Brief vom Jobcenter (neue Sachbearbeiterin): Nachforderungen von weiteren benötigten Unterlagen (Gewerbeanmeldung Freiberuf + Anlagen, aktueller Rückkaufwert fondsgebundene Rentenversicherung).
12. 13.08.: Weiterer Beschwerdebrief von mir am mit Beantragung eines Sofortdarlehens wegen der langen Wartezeit und des eigenen, inzwischen deutlich negativen Kontostandes, sowie der erneute Hinweis darauf, warum mir die Leistungen nach Hartz IV meiner Meinung nach schon ab 1.6. rückwirkend zustehen --> keine weitere Rückantwort.
13. Endlich, der Bescheid (nach mehr als drei Monaten Anlaufzeit!) am 27.8., dass ich die beantragten Leistungen ab 1.7.2015 bewilligt bekomme --> das Geld erhalte ich dann noch gerade so zum Monatswechsel (das erste Mal, dass sich das Jobcenter spürbar beeilt hat)!
Ich spare mir an dieser Stelle mal meine emotionale Entrüstung, ich denke, jeder kennt diese grausige Inkompetenz der Jobcenter (widersprüchliche und zurückgenommene Aussagen, je nachdem, wen man gerade fragt), die wechselnden und unklaren Zuständigkeiten und die mangelnde Bereitschaft, Verantwortung für Fehlentscheidungen zu übernehmen. In der Regel wird man einfach mit der knappen Entschuldigung abgekanzelt, es wäre das geltende Rechtssystem, dagegen könnten die MitarbeiterInnen auch nichts machen... Tja, wirklich sehr hilfreich, vielen Dank für die mangelhafte Unterstützung! Selbst ein zinsloses Darlehen wollten sie mir auf meine wiederholte Nachfrage hin nicht gestatten (von „schnell und unbürokratisch“ brauche ich hier ja gar nicht erst anzufangen). Ist ja egal, wenn der Kunde Miete und Versicherungen nicht mehr zahlen kann und mit Mahnungsgebühren und den horrenden Überziehungszinsen auf deutschen Girokonten leben muss...
Was sagt ihr dazu, gibt es eine rechtliche Möglichkeit für mich, doch noch an das mir meiner Meinung nach zustehende Geld für den Monat Juni 2015 heran zu kommen? Kann man einzelne Mitarbeiter eines Jobcenters verklagen? Und lohnt es sich noch, formal bei der Rechtsabteilung Widerspruch einzulegen (dazu hätte ich jetzt noch 7 Tage Zeit) oder ist dies aussichtslos und würde wieder wochen- bis monatelang zum Stopp von Leistungen führen?
Vielen Dank im Voraus für Eure Hilfe,
Marius