Selbstständig und am Ende - Anspruch auf Sozialhilfe?

  • Es ist soweit, ich bin am Ende. Das ist der Alptraum eines jeden Selbstständigen ist bei mir eingetreten. Durch gewisse Umstände und Ereignisse (kurz: Tod meiner Freundin, Steuerprüfung mit Zahlung einer größeren Summe, ein Minus von dem ich mich bis heute nicht erholt habe, Operation - was Arbeitsausfall und Kundenverlust bedeutete, letztendlich eine damit verbundene Depression…) habe ich vor ca. einem Jahr auch die letzten meiner größeren Kunden verloren. Einer hat seinen Standort gewechselt, beim anderen konnte ich den keine Ware liefern, weil ich nicht in Vorlage treten konnte. Der Preisverfall auf dem EDV-Markt und die Finanzkrise tat ihr Übriges, d.h., dass auch die kleinen Kunden immer mehr ausblieben.


    Eine Korrektur der Steuererklärungen der letzten drei Jahre hat dann noch ergeben, dass ich noch einige Tausend Euro Steuern nachzahlen muss - eine Vollstreckung konnte ich gerade noch durch Vereinbarung einer Teilzahlung verhindern. Ich stehe praktisch kurz vor der Insolvenz bzw. bin schon insolvent! Der Gerichtsvollzieher war auch schon im Hause. Die Situation in der ich bin, wird immer unerträglicher.


    Vor ca. 10 Jahren habe ich mir ein Zweifamilienhaus gekauft (als es mir noch finanziell gut ging) und den größten Teil sogar abbezahlt. Eine Wohnung habe ich vermietet - diese Einnahmen gehen weg für die letzten Ratenzahlungen bei der LBS, so dass für mich praktisch nichts mehr übrig bleibt. Ohne Einnahmen kann ich nicht einmal mehr die Umlagen bezahlen (geschweige denn die Wucherzinsen von 14- bzw. 19% bei der Nassauischen Sparkasse für den Dispositionskredit, der bei minus 18.000 Euro liegt!). Kürzlich war ich sogar in der Situation, dass ich mir nicht einmal mehr etwas zu Essen kaufen konnte.


    Zu erwähnen ist vielleicht noch, dass ich noch nie als Angestellter gearbeitet habe - nach dem Abitur habe ich zwar ein Studium angefangen, aber nicht abgeschlossen, weil ich damals schon in der EDV-Branche gutes Geld verdient habe und dann ein Gewerbe in dieser Branche angemeldet habe.


    Was nun? Könnte ich vielleicht in der Übergangszeit (bis es mir hoffentlich wieder besser geht) wenigstens für das Bestreiten meines Lebensunterhaltes Hilfe bekommen? Habe gehört, das dass jetzt für solche Leute wie mich möglich sein soll. Natürlich werden einige Denken - Mensch, verkauf doch dein Haus! Was die meisten aber dabei nicht nachvollziehen können ist, welche Entbehrungen ich in den letzten Jahren auf mich genommen habe, um die Kredite samt Zinsen dafür zu bezahlen. Das war eine sehr harte zeit. So etwas wie z.B. Urlaub kenne ich gar nicht mehr!


    Für eine zuverlässige Antwort wäre ich daher sehr dankbar!

  • Hallo,


    alle Antworten, die du bekommst, werden dir nicht gefallen. Generell wirst du dich damit anfreunden müssen, ALLES neu zu sortieren und alles in Frage zu stellen.


    Dein primäres Ziel muss sein, regelmäßige Einnahmen zu generieren. Wenn die 18.000 Euro deine gesamten Schulden (neben der Baufinanzierung) sind, stehst du noch sehr gut da. Die Sparkasse wird sich auf eine Ratenzahlung einlassen, sowie du z.B. einen Arbeitsvertrag hast oder selbständig wieder Einnahmen generierst. Auch wenn du Sozialleistungen beantragst, wird sich mit der Sparkasse eine Lösung finden lassen.


    Wenn du übergangsweise ALG II beantragst, könnte es gut sein, dass die ARGE deine Zinsen als Wohnkosten übernimmt, das Haus jedoch sonst nicht antastet. Das hängt jedoch stark von den genauen Umständen ab - insbesondere von den Zinskosten und der Größe des Hauses. Zusätzlich hättest du 359 Euro für deine anderen Ausgaben.


    Eine Insolvenz kannst du so hoffentlich vermeiden - denn diese wäre auch endgültig das Ende für deinen Hausbesitz.


    Ein guter Anlaufpunkt ist auch deine IHK. Ggf. kann dir da noch weiter geholfen werden.


    Viele Grüße,
    Joachim

  • Um von den Schulden runter zu kommen, wäre die richtige Anlaufstelle eine seriöse Schuldnerberatung (Diakonie z.B.), das ist kostenlos und hilft erstmal eine Bestandssituation zu erstellen, u.U. führen die auch Gespräche mit der Bank und machen Zahlungsvorschläge und dergleichen.
    Auch für Selbständige gibt es Stütze, du wärst dann ein sog. Aufstocker, kannst dazu verdienen, aber nicht viel

  • Vielen Dank für die bisherigen Antworten!
    Seit einiger Zeit habe ich praktisch Null Einnahmen - aber halt eben die Ausgaben. Die einzigen Einnahmen kommen vom Verkauf meiner Habseligkeiten bei eBay zustande. Das ist das Problem. Damit kann ich nicht einmal die Ratenzahlungen begleichen. Dann passiert folgendes (Vollstreckung…): Mein Konto wird gepfändet, darauf kündigt mir die Bank den Kredit (wenn innerhalb einer bestimmten Frist die Sperrung nicht aufgehoben wird - warum das so ist, keine Ahnung?) und dann muss ich den Kredit (und so wird es auch mit der LBS passieren) zurückzahlen. Das sind zusammen ca. 50.000 Euro. Das war's dann. Ich brauche dringend kurzfristig irgendwelche Einnahmen, damit das nicht passiert. Deshalb habe ich an eine vorübergehende Unterstützung gedacht (ich muss zugeben, das ich diese Variante lange Zeit verdrängt und als letzte Alternative angesehen habe...) Es ist eben hart, wenn es einem einmal ganz gut ging, und es dann Berg ab geht und man dann in so eine Situation kommt. Wahrscheinlich muss ich doch mal auf's Amt gehen...


    Das mit der Stütze für Selbstständige (Aufstocker?) habe ich auch noch nicht gehört.

    Danke!

  • Hallo,


    prinzipiell hat jeder, der weniger verdient als er Hartz IV bekommen würde, Anspruch auf die Differenz. Egal ob selbständig oder angestellt. Das nennt man - in beiden Fällen - "aufstocken".


    Aber: ich befürchte, die 400 Euro werden dir auch nicht helfen. Schuldenberatung, offene und klare Kommunikation mit allen Beteiligten und klare Strategie für die Zukunft entwickeln ist notwendig. Wenn du anderweitig keine Einnahmen generieren kannst, musst du dich vom Haus verabschieden - entweder selbst verkaufen oder halt Insolvenz. Eine Insolvenz ist ggf. gar nicht so schlecht, da du recht viel Masse haben wirst und die Insolvenz sich vielleicht einfach durch eine geordnete Regelung der Ansprüche und teilweise Verzichte, dann noch abwenden lässt.


    Grüße,
    Joachim