Chaos bei Hartz IV erwartet

  • Wie heißt es so schön im Grundgesetz: "Die Würde des Menschen ist unantastbar". Doch das gilt anscheinend nicht für Menschen, die auf Hartz IV Leistungen angewiesen sind.


    Die Bundesregierung plant die Jobcenter wieder zu entflechten. Der Berliner Senat befürchtet ein großes Chaos für Hartz IV Bezieher


    Wie heißt es so schön im Grundgesetz: "Die Würde des Menschen ist unantastbar". Doch das gilt anscheinend nicht für Menschen, die auf Hartz IV Leistungen angewiesen sind. Allein schon bei der Antragstellung wird dem Menschen das letzte bischen Würde genommen. Doch wer denkt, schlimmer geht es nicht mehr, der muss sich dieser Tage eines Besseren belehren lassen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung plant die Jobcenter, die Rahmen der Hartz-Reformen eingeführt wurden, wieder aufzulösen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte 2007 entschieden, dass die Arbeitsgemeinschaften zwischen Bundesagentur für Arbeit und Kommunen verfassungswidrig seien. Die Politik war damals aufgefordert entsprechende Änderungen vorzunehmen. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine Frist bis zum Jahr 2010 gesetzt, damit eine Neuregelung geschaffen werden kann. Die Verfassungsrichter hatten festgestellt, dass die Arbeitsmarktreform in Teilen gegen die Verfassung verstößt. Hierbei ging es jedoch nicht die Ungerechtigkeiten der "Hartz IV Reform", sondern um die Aufteilung in der Verwaltung. Elf Landkreise und Kommunen hatten gegen die sog. "Mischverwaltung" geklagt. Karlsruhe sah durch die Verwaltungsaufteilung zwischen Bund und Kommunen innerhalb einer Behörde das eigenständige Handeln der Kommunen verletzt.


    Doch warum ist diese Entflechtung eine weitere Entwürdigung für Arbeitslosengeld II (ALG II) Bezieher/innen? Anhand eines Beispiels kann es erläutert werden:


    Eine alleinerziehende Mutter muss nach den bisher bekannt gewordenen Plänen der Bundesregierung für das ALG II künftig immer noch zum Jobcenter gehen, das dann allein durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) betrieben wird. Muss sie aber einen Antrag für die Kosten der Unterkunft einreichen, geht es mit ihren Töchtern zu einer neu zu schaffenden Behörde des Landes Berlin. Ob diese aber wie bisher unter dem selben Dach residiert, ist völlig offen. Da, wo jetzt nach langer Anlaufzeit eine Behörde zuständig ist, sind es künftig zwei – mit möglicherweise allen Problemen, die eine Doppelstruktur beinhalten kann.


    Der Berliner Senat kritisiert das Vorhaben der Bundesregierung. Das einzige was gut an der Hartz-IV-Reform war, soll nun wieder abgeschafft werden. Das "Angebot aus einer Hand", war eines der wenigen positiven Aspekte der Hartz-IV- Gesetze. Und das soll nun wieder abgeschafft werden, so Arbeitssenatorin Carola Bluhm (LINKE). Bis Ende 2010 sollen die Änderungen umgesetzt sein und die Zeit dazu ist "verdammt wenig", so Bluhm. Bislang wären noch nicht einmal Vorgaben vom Bund gekommen, wie die Umsetzung aussehen soll. Bluhm glaubt nicht daran, dass die Neuregelungen Verbesserungen für Hartz IV Betroffene bringen könnten. Es ginge eher um die "Sicherung des Status Quo".


    Angelika Wernick von der AG Sanktionen der Berliner "Kampagne gegen Hartz IV" befürchtet ein Chaos für ALG II Bezieher/innen. Die ohnehin massiv vorhandenen Probleme der Arbeitsmarktpolitik dürften sich durch das Vorhaben weiter verschärfen. Erwerbsloseninitiativen befürchten mehr Verfahren an den Sozialgerichten durch die bevorstehende Trennung. Schließlich wird es, wo zwei Behörden zu entscheiden haben, automatisch auch interne Widersprüche geben. Und ausbaden müssen es mal wieder die Betroffenen selbst. (05.11.2009)